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Verwaltungsgericht Berlin: Gutachten von Dr. Detmar Trostdorf durch Gerichtssachverständigen widerlegt. Versorgungswerk der Zahnärztekammer Berlin muss Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente anerkennen.

Verwaltungsgericht Berlin, Az. VG 9 K  58.15

Unsere Mandantin hat mit ihrer Klage den Bescheid des Versorgungswerks vom 25. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2015 mit der Maßgabe angegriffen, dass ihr aufgrund der Erfüllung der medizinischen Voraussetzungen der geltende gemachte Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente nach § 15 Abs. 1 der Versorgungssatzung zusteht.

Unsere Mandantin war seit dem 02.01.2013 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt, von Januar 2013 bis Mai 2013 wurde sie in ihrer Praxis von einem Vertretungszahnarzt vertreten, seit dem 10.05.2013 ruhte die Zulassung, welche die Klägerin mit Wirkung vom 13.08.2013 zurückgab. Am 26.11.2013 bat sie beim Versorgungswerk der Zahnärztekammer um Übersendung der Antragsunterlagen für die Berufsunfähigkeitsrente, welche sie am 18.12.2013 ausgefüllt einreichte. Ihr Gesundheitszustand hatte sich in so erheblichem Ausmaß und auf Dauer verschlechtert, dass sie zur Ausübung einer Tätigkeit als Zahnärztin dauernd und vollständig nicht mehr in der Lage war.

Im Rahmen der Leistungsprüfung hat das Versorgungswerk die Begutachtung durch Herrn Dr. med. Trostdorf beauftragt. Im Gutachtenauftrag wurde um Einschätzung gebeten, ob und seit wann (möglichst konkrete Benennung) Berufsunfähigkeit im Sinne § 15 der Satzung des Beklagten vorliegt und fügte einen Auszug der Satzung bei. Von welchem konkreten Tätigkeitsbild einer Zahnärztin oder eines Zahnarztes der – medizinische – Gutachter, für den eine besondere berufskundliche Sachkunde nicht mitgeteilt worden ist, auszugehen hatte, enthielt der Gutachtenauftrag nicht.

Dem Gutachten des Herrn Dr. Trostdorf vom 31.03.2014 war folglich auch nicht zu entnehmen, von welchem Tätigkeitsbild der Zahnärztin oder des Zahnarztes – mit seinen jeweiligen gesundheitlichen Anforderungen – der medizinische Sachverständige ausgegangen ist, denn er teilt lediglich, trotz Bestätigung der erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin, zusammenfassend mit, eine Berufsunfähigkeit im Sinne des § 15 der Satzung des Versorgungswerkes der „Ärztekammer“ liege nicht vor.

In seiner Klageerwiderung wies das Zahnärzteversorgungswerk darauf hin, dass eine Bezugnahme des Gutachtenauftrages auf die Satzung ausreichend sei. Darüber hinaus sei Dr. Trostdorf ein versierter Gutachter, der seit mehreren Jahren für das Versorgungswerk der Zahnärztekammer entsprechende Untersuchungen vornimmt, so dass sich eine gesonderte Beschreibung des Berufsbildes des Zahnarztes erübrige.

Durch das Verwaltungsgericht Berlin erging im Klageverfahren am 04.02.2016 folgender Beweisbeschluss:

1. Durch Einholung eines fachärztlichen Gutachtens soll zu folgenden Fragen Beweis erhoben werden:

a) Ist die zahnärztliche Berufsfähigkeit der Klägerin, d.h. ihre Fähigkeit zur Ausübung einer zahnärztlichen Erwerbsfähigkeit, aus gesundheitlichen Gründen auf nicht absehbare Zeit umfassend entfallen bzw. – ggf. in welchem Umfang – eingeschränkt?
Die zahnärztliche Erwerbstätigkeit umfasst neben der Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkankheiten auch damit im Zusammenhang stehende Tätigkeiten (Beratung, Untersuchung, Aufklärung, Therapieplanung, Dokumentation, Prophylaxe, Anleitung und Überwachung des nichtzahnärztlichen Personals usw.) sowie ggf. die für den Betrieb der Praxis erforderlichen Tätigkeiten.
Darüber hinaus fallen hierunter auch beratende, gutachterliche, wissenschaftlich-forschende und verwaltende Tätigkeiten.

b) Seit wann ist ggf. diese Fähigkeit entfallen bzw. eingeschränkt?

c) Welche aus dem Gesundheitszustand der Klägerin folgenden konkreten Beeinträchtigungen liegen diesen Einschränkungen zugrunde?

d) Bestehen Möglichkeiten der Heilbehandlung, um eine ggf. auf nicht absehbare Zeit fehlende Fähigkeit zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit wiederherzustellen oder den Gesundheitszustand wesentlich zu verbessern und welche sind dies?

e) Wie sind ggf. die konkreten Heilungschancen einzuschätzen und welche Behandlungsdauer wird dabei zugrunde gelegt?

Am 31.03.2015 legte die gerichtliche Sachverständige ihr Gutachten vor, welches dem Gutachten von Dr. Trostdorf widersprach und die Erwerbsfähigkeit unserer Mandantin für den Beruf der Zahnärztin als vollständig aufgehoben ansah. Daraufhin erkannte das Versorgungswerk mit Schriftsatz v. 13.04.2016 rückwirkend auf den 01.01.2013 die Berufsfähigkeit unserer Mandantin an, so dass die Klage für erledigt erklärt werden konnte.

Anmerkung Rechtsanwalt Dr. Büchner:

§ 15 der Satzung des Versorgungswerks der Zahnärztekammer Berlin regelt u.a. folgendes:

Berufsunfähigkeitsrente

(1) Ein Mitglied, das mindestens für einen Monat vor Eintritt der Berufsunfähigkeit Beiträge geleistet hat, und das vor Erreichen der vorgezogenen Altersgrenze nach § 14 Absatz 2 Satz 1 wegen Krankheit oder eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur Ausübung der zahnärztlichen Tätigkeit unfähig ist, erhält Berufsunfähigkeitsrente.

Die Satzung beschreibt insofern nicht konkret, wie die zahnärztliche Tätigkeit im Zweifel aussieht. Das Versorgungswerk der Zahnärztekammer hatte die konkreten zahnärztlichen Tätigkeiten ihrem Auftragsgutachter Dr. Detmar Trostdorf auch nicht vorgegeben, sondern darauf vertraut, dass dieser – als langjähriger Gutachter im Auftrag des Zahnärzteversorgungswerkes – die Tätigkeiten eines Zahnarztes ohnehin kennt, was so nicht hinnehmbar ist.

Das Verwaltungsgericht war insofern gefordert, einen detaillierten Beweisbeschluss zu erlassen, wodurch die gerichtliche Sachverständige in die Lage versetzt wurde, sich konkret mit dem Berufsbild der Zahnärztin auseinanderzusetzen, anstatt – wie bei Dr. Trostdorf – festzustellen, dass eine Berufsunfähigkeit i.S.v. § 15 der Satzung des Versorgungswerkes der Zahnärztekammer nicht vorläge.

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