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Verwaltungsgericht Düsseldorf: Nordrheinische Ärzteversorgung muss Berufsunfähigkeitsrente trotz bestehenden Restleistungsvermögens zahlen, wenn ein Arbeitsplatz – hier als medizinische Gutachterin nach Aktenlage – nicht zur Verfügung steht.

VG Düsselsdorf bestätigt das OVG Lüneburg: Fehlende Umsetzbarkeit des verbliebenen Restleistungsvermögens bedingt in der Ärzteversorgung satzungsgemäße Berufsunfähigkeit.

VG Düsseldorf, Urteil vom 26.03.2015, Az. 20 K 6963/13

Unsere Mandantin war ursprünglich als Anästhesistin beschäftigt, konnte aber nach einem Nothelfereinsatz, aus welchem sie erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen durch eine Nervenläsion an der Hand davon trug, die zu einem komplexen regionalen Schmerzsyndrom (CPRS) führte, ärztliche Tätigkeiten nur noch stundenweise und unter ständiger Unterstützung anderer Mitarbeiter ausführen. Nachdem die Möglichkeiten für diese Unterstützungen wegfielen, erlangte sie trotz weiterer Bemühungen keine erneute ärztliche Tätigkeit. Sie beantragte deshalb am 03.12.2012 bei der Nordrheinischen Ärzteversorgung die Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente.

Mit Bescheid vom 30.07.2013 lehnte die Nordrheinische Ärzteversorgung  nach einer von ihr in Auftrag gegebenen Begutachtung durch Herrn Prof. Dr. Klaus Fasshauer aus Krefeld die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente mit dem Argument ab, unsere Mandantin könne zwar nicht mehr klinische Anästhesistin arbeiten, wohl aber Gutachtertätigkeiten, Fort- und Weiterbildungstätigkeiten, diagnostische Tätigkeiten und Verwaltungstätigkeiten ausüben da sie in diesen Tätigkeitsfeldern ohne Einsatz der betroffenen Hand arbeiten könne.

Nach unserer, am 31.08.2013 erhobenen Klage hat das erstinstanzliche Verwaltungsgericht Düsseldorf nach Einholung eines weiteren medizinischen Sachverständigengutachtens das Versorgungswerk zu der beantragten Rentengewährung verurteilt. Aufgrund ihrer spezifischen gesundheitlichen Einschränkungen sah es das Gericht als erwiesen an, dass unsere Mandantin trotz ihres bestehenden Restleistungsvermögens nicht in der Lage ist, ihre verbliebene Leistungsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt einzusetzen.

Soweit sie überhaupt noch ärztlichen Tätigkeiten nachgehen kann, bei denen ein Einsatz der betroffenen Hand nicht zwingend erforderlich ist, ist ihr eine solche Tätigkeit lediglich noch in einem Umfang von maximal 4 Stunden täglich möglich, wobei sie aufgrund ihres chronisch auftretenden Schmerzsyndroms regelmäßig bis zu halbstündige Pausen einlegen muss. Angesichts dieser zeitlichen Einschränkungen kommen nur solche Tätigkeiten in Betracht, bei denen die Klägerin in ihrer Zeiteinteilung gänzlich frei ist, da sie nur insoweit die Einhaltung der für sie erforderlichen Ruhephasen gewährleisten kann. Ein solchermaßen umschriebener Arbeitsplatz stellt sich als derartig außergewöhnlich dar, dass weder ersichtlich ist noch von der Beklagten substantiiert vorgetragen wird, dass eine entsprechende Tätigkeit auf dem Arbeitsmarkt für Ärzte überhaupt bereitsteht.

Anmerkung RA Dr. Büchner:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf ist insofern bemerkenswert, weil es mehrfach auf die von uns in Bezug genommene Entscheidung des OVG Lüneburg vom 26.04.2007, Az. 8 LB 212/05, verweist, welches dort zur Satzung der Ärzteversorgung Niedersachen ergangen ist, damit aber auch für die Satzung der Nordrheinischen Ärzteversorgung bestätigt, dass eine abstrakte Verweisung nur auf solche ärztlichen Tätigkeiten möglich ist, welche unter den gegebene konkreten Umständen auch erlangbar sein müssen.

Zu beachten ist jedoch, dass möglicherweise divergierende Entscheidungen anderer Verwaltungsgerichte auf unterschiedliche Satzungsbestimmungen der einzelnen Versorgungswerke zurückzuführen sein können, welche dem einzelnen Rechtsstreit zugrunde liegen und in welchen die Frage der Umsetzbarkeit auf dem Arbeitsmarkt für die Frage der Berufsunfähigkeit zum Teil ausgeschlossen sein kann.

Antragsteller, welche sich mit dem Gedanken befassen, ggf. Berufsunfähigkeitsrente bei ihrem Versorgungswerk zu beantragen, sollten sich insofern bereits im Vorfeld genau über die zugrunde liegende Satzung informieren und durch einen Fachanwalt beraten lassen.


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