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LG Hamburg (./. Neue Leben): Formale Anforderungen im Nachprüfungsverfahren entfallen auch bei behaupteter völliger Gesundung des Versicherten nicht!

Sachverhalt:

In dem durch unsere Kanzlei am LG Hamburg angestrengten Klageverfahren gegen die Neue Leben Lebensversicherungs-AG ging es um ein sog. Nachprüfungsverfahren, welches die Versicherung durchgeführt hat, nachdem sie unserem Mandanten, der an einer rezidivierenden depressiven Störung litt, bereits fünf Jahre eine Berufsunfähigkeitsrente i.H.v. monatlich € 1.093,35 gezahlt hatte. 

Die Neue Leben gab zu diesem Zweck ein psychiatrisches Sachverständigengutachten bei der Gutachterin Dr. Hanna Ziegert aus München in Auftrag. Das Gutachten von Frau Dr. Ziegert kam zu dem Ergebnis, dass unser Mandant grundsätzlich für sämtliche konkrete Tätigkeiten in seinem Berufsfeld arbeitsfähig ist, was die Neue Lebe dazu veranlasste, ihre Rentenzahlung zum 01.06.2012 einzustellen.

Gegen diese Entscheidung wurde unsererseits am 06.03.2013 am Landgericht Hamburg Klage erhoben. In unserer Klagebegründung  wurde ausgeführt, dass es bereits an einer formell ordnungsgemäßen Einstellungsmitteilung seitens der Beklagten fehlte, da diese keine nachvollziehbare Begründung dafür enthalten hatte, warum die einmal als begründet anerkannte Leistungspflicht des VR im Nachhinein entfallen sein soll. Die Änderungsmitteilung erfordert einen darzustellenden Vergleich des dem Anerkenntnis zugrunde gelegten Gesundheitszustandes des Versicherungsnehmers und der seinerzeitigen Bewertung der Auswirkungen dieses Zustandes im Berufsbereich mit seinem Gesundheitszustand und dessen Auswirkungen zur Zeit der Nachprüfung. Sie muss aufzeigen, dass sich der Gesundheitszustand des Versicherten und die daraus zu ziehenden Folgerungen für die beruflichen Fähigkeiten verglichen mit den Feststellungen und Bewertungen, die der Anerkennung der Leistungspflicht zugrunde lagen, eine leistungsrelevante Besserung ergeben. Diese Anforderungen wurden weder durch das Gutachten der Frau Dr. Ziegert noch durch die Leistungseinstellungsmitteilung der Neue Leben Lebensversicherung AG erfüllt.

Das Landgericht Hamburg hatte die Beklagtenseite in einer richterlichen Verfügung vom 26.09.2013 darauf hingewiesen, dass es sich unserer Argumentation anschließt. Diese Rechtsauffassung wiederholte das Gericht in der mündlichen Verhandlung vom 05.11.2013, teilte jedoch mit, dass die von der Beklagten im Prozess am 22.10.2013 nachgereichte veränderte Einstellungsmitteilung zumindest den formalen Anforderungen an eine Einstellungsmitteilung gerecht würde.

Das Gericht stellte klar, das im nächsten Schritt nunmehr ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen sei. Dazu ist es letztlich nicht mehr gekommen, da wir uns – auf Wunsch unseres Mandanten - mit der Beklagten auf eine vergleichsweise Beendigung des Verfahrens gegen Zahlung eines Betrages i.H.v. € 75.000,00 geeinigt haben. Dieser Betrag entsprach in etwa der Hälfte der Summe, welche die Neue Leben unserem Mandanten - bei fortbestehender Berufsunfähigkeit - bis zum Ende der Vertragslaufzeit hätte zahlen müssen.

Anmerkung Rechtsanwalt Dr. Büchner, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Medizinrecht

 Der vorgestellte Fall ist unter folgendem Gesichtspunkt besonders interessant: Bekanntermaßen machen Berufsunfähigkeitsversicherer immer wieder den Fehler, im Rahmen der Anerkennung ihrer Leistungspflicht ungenau zu arbeiten und halten die von ihnen befassten Gutachter nicht dazu an, genau aufzuschlüsseln welche Teile der zuletzt ausgeübten Tätigkeit der Versicherte in welchem Umfang nicht mehr ausüben kann. Hat ein Versicherer diese Daten nicht genau zusammengetragen, wird eine Aberkennung der Rente im Nachprüfungsverfahren aufgrund der hohen formalen Anforderungen, welche die Rechtsprechung stellt, erschwert bzw. gar unmöglich. Ein Ausweg erschien den Versicherern bisher dahingehend gegeben, wenn der beauftragte Gutachter im Nachprüfungsverfahren eine völlige Gesundung des Versicherungsnehmers testierte. Bei diesem Ergebnis wird seitens der Versicherer häufig eingewandt, dass sich eine Vergleichsbetrachtung erübrige. Dieser Argumentation ist das Landgericht Hamburg jedenfalls nicht gefolgt und hat sowohl mit Hinweisverfügung vom 26.09.2013 als auch im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 05.11.2013 klargestellt, dass auch bei einer behaupteten vollständigen Berufsfähigkeit des Versicherten der Versicherer weiterhin gehalten ist, die durch die Rechtsprechung geforderten formalen Voraussetzungen des Nachprüfungsverfahrens einzuhalten.

Kontaktieren Sie uns und nehmen Sie unser  Angebot einer kostenlosen Ersteinschätzung  wahr!


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