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LG Bonn: Provinzial Rheinland Versicherung zahlt wegen Versteifung des Handgelenks (Arthrodese) weitere € 90.000.

AG bedient sich Institut für Medizinische Begutachtung IMB / Dr. Müller-Andersson: Vervierfachung der Invaliditätsentschädigung in der Privaten Unfallversicherung nach Klage

LG Bonn, 22.05.2013 (Az: 9 O 472/12)

Provinzial Rheinland Versicherung zahlt wegen Versteifung des Handgelenks (Arthrodese)  weitere € 90.000.

Darstellung Tatbestand

Unser Mandant erlitt am 28.01.2008 einen schweren Arbeitsunfall. Bei einem Leitersturz zog er sich einen Trümmerbruch an der Speiche des rechten Unterarms mit Gelenkbeteiligung zu. Er meldete diesen Unfall auch seiner Privaten Unfallversicherung, der Provinzial Rheinland Versicherung AG. Diese ließ ihn entsprechend der vertraglichen Bestimmungen im Laufe von drei Jahren nach dem Unfall zweimal medizinisch begutachten. Beide Male beauftragte sie damit Herrn Dr. Müller-Andersson vom Institut für Medizinische Begutachtung (IMB). Dieser räumte auch ein eine Reihe von Beeinträchtigungen an Hand und Unterarm ein, die sehr weitgehend sind, etwa massive Bewegungseinschränkungen am Handgelenk, in der Unterarm-Drehbewegung und an den Fingern, dazu eine Kraftminderung und einen gestörten Faustschluss.

Dennoch kam er zu einer im Verhältnis dazu sehr niedrigen Invaliditätsbemessung, und zwar indem er darauf abstellte, dass der Arm insgesamt überwiegend nicht eingeschränkt sei: Er orientierte sich am sogenannten Armwert, den er zunächst mit einer Einschränkung von 5/14 und dann bei der zweiten Begutachtung nach Verschlimmerung mit 3/7 einschätzte.

Dies ermöglichte es der Provinzial Rheinland, die unfallbedingte Invalidität nur nach einem Invaliditätsgrad von 25% bzw. 30% zu entschädigen, also gerade unter bzw. knapp oberhalb der Progression. Bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 50% war eine lebenslange monatliche Unfall-Rente vereinbart.

Die Provinzial Rheinland Versicherung ließ sich außergerichtlich auf keine Zugeständnisse ein. Es blieb bei einer Entschädigung von rund 30.000,00 €.

Wir erhoben daher Klage vor dem Landgericht Bonn, wo wir die Invaliditätsbemessung des Versicherers ausführlich kritisierten. Das Gericht bestimmte nach dem Austausch der ersten Schriftsätze alsbald Termin zur mündlichen Verhandlung, zu der es auch das persönliche Erscheinen unseres Mandanten anordnete. Im Termin ließ sich die Kammer vom Kläger seine Einschränkung zeigen. Den Richtern erschien es danach offensichtlich, dass die noch zu bewertenden Einschränkungen offensichtlich weitaus höher zu bemessen seien als dies Herr Dr. Müller-Andersson und die Provinzial Rheinland Versicherung getan hatten.

Auf Anraten des Gerichts schlössen die Parteien daher einen Vergleich, nach dem der Versicherer an unseren Mandanten noch weitere 90.000,00 € zahlte, also zusätzlich noch einmal fast das Dreifache der vorgerichtlich geleisteten Invaliditätsentschädigung. Dies orientierte sich an einem Invaliditätsgrad von mindestens 50 Prozent und damit einer (kapitalisierten) Unfallrente. Die gütliche Einigung, die auch eine Tragung der Kosten des Rechtstreits zu fast zwei Drittel durch den Versicherer beinhaltete, hatte dann auch Bestand.

Anmerkung Rechtsanwalt Kohn, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Sozialrecht:

Der Versicherer, der vor dem Landgericht kompetent anwaltlich vertreten war, hat es in diesem Fall vorgezogen, die ihm vom Gericht eingeräumte Widerrufsfrist nicht zu nutzen und den Vergleichsvorschlag des Gerichts anzunehmen.

Dies obwohl die Kammer noch kein eigenes medizinisches Sachverständigengutachten zur Bemessung der Unfallfolgen eingeholt hatte und dem Gericht an Gutachten daher nur zwei Privatgutachten der Provinzial Rheinland Versicherung AG durch Herrn Dr. Müller-Andersson vom Institut für Medizinische Begutachtung vorlagen, auf deren Grundlage der Versicherer abgerechnet hatte.

Dennoch war es offenbar auch dem Versicherer klar, dass das Ergebnis von Dr. Müller-Andersson vom IMB sich im Falle eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens wohl nicht würde halten lassen und die vorläufige Bewertung des Gerichts sich voraussichtlich mit höherer Wahrscheinlichkeit realisieren würde als dass sich die Bemessung ihres Privatgutachters bestätigen würde.

Der Fall zeigt, dass sich Versicherte einer privaten Unfallversicherung nicht von klangvollen Namen und Titeln wie „Institut für Medizinische Begutachtung" und deren regelmäßig sehr ausführlichen und mit viel Fachsprache geschriebenen medizinischen Gutachten beeindrucken lassen sollten. Dass diese oft wenig objektiv und vor allem an den Interessen ihrer Auftraggeber orientiert sind, wissen auch in der Materie erfahrene Richter. Ein spezialisierter Fachanwalt für Versicherungsrecht kann die Schwächen in den Parteigutachten von ärztlichen Gutachtern wie Dr. Müller-Andersson erkennen und aufdecken.

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