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LG München: ADAC Schutzbrief Unfallversicherung ignoriert BGH-Gelenkrechtsprechung „Hand im Handgelenk“ und wird schließlich zur Zahlung von weiteren 39.560,00 € verurteilt.

Urteil LG München v. 17.04.2013, Az. 25 O 791/12

Unser Mandant unterhielt bei der ADAC Schutzbrief Versicherungs-AG eine private Unfallversicherung und eine Auslands-Kranken- und Unfallversicherung. Versicherte Person in beiden Verträgen war auch die Ehefrau des Mandanten.

Am 07.08.2006 stolperte die Versicherte während eines Aufenthalts in der Schweiz über eine Türschwelle und stürzte über die dahinter liegenden Treppenstufen auf die rechte Hand. Sie erlitt eine distale Radiusfraktur mit Gelenkbeteiligung und Abriss des Griffelfortsatzes der körperfernen Elle.

Der Unfall hinterließ eine deutlich eingeschränkte Beweglichkeit des rechten Handgelenkes in allen Freiheitsgraden. Fingerstreckung war ihr ebensowenig möglich wie der komplette Faustschluss, Grob-, Sitz-, Schlüssel- und Hakengriff waren deutlich eingeschränkt. Es lag eine deutliche Kraftminderung der rechten Hand bei Rechtshänderin sowie ein massiver Belastungsschmerz an den Fingern und der Hand vor.

Dennoch regulierte die ADAC Versicherung nur nach einem Armwert von 2/8, also einem Invaliditätsgrad von 17,5%. Unsere Einwände gegen die Invaliditätsbemessung ließ der Versicherer nicht gelten, sodass wir letztlich Klage erheben mussten. Im Klageverfahren beharrte die ADAC Schutzbrief Versicherung weiterhin darauf, dass maximal ein Armwert von 2/8 bzw. ein Handwert von 3/10 angemessen seien.

Obwohl der gerichtliche Sachverständige sein medizinisches Sachverständigengutachten nur nach Aktenlage erstellte, d.h. die Mandantin nicht noch einmal selbst untersuchte, kam er zu ganz anderen Ergebnissen als der von der ADAC Versicherung beauftragte Professor Pol Maria Rommens vom Universitätsklinikum Mainz. Dessen Gutachten sei inkonsistent, bescheinigte ihm der gerichtliche Sachverständige.

Der gerichtliche Sachverständige führte zunächst die Einschränkungen in der Handgelenksbeweglichkeit an und meinte dann, bei der Versicherten müsse weiter berücksichtigt werden, dass aufgrund der unfallbedingten Einschränkungen ein Kraftdefizit sowie eine eingeschränkte Funktion der Finger gegeben sei, da ein Greifen nur in reduzierter Form möglich sei und somit die Feinmotorik und, teilweise aufgrund des Kraftdefizits, auch die Grobmotorik eingeschränkt sei. Da ein relevanter Teil der Handfunktion beim täglichen Gebrauch verloren gegangen sei, liege die Einschränkung der Handfunktion zusammen mit den Einschränkungen im Handgelenk bei insgesamt 6/10 Handwert. Aggravation, die der Mandantin von den Anwälten des Versicherers im Prozess unterstellt wurde, konnte der Sachverständige nicht erkennen.

Das Gericht folgte seiner Bemessung uneingeschränkt, die im Ergebnis zu einem fast doppelt so hohen Invaliditätsgrad von 33% führte, sodass die ADAC Schutzbrief Versicherung AG letztlich zur Zahlung von weiteren 39.560,00 € verurteilt wurde und auch den überwiegenden Teil der Prozesskosten tragen musste.

Anmerkung von Rechtsanwalt Gunther Kohn

In diesem Fall hat – anders als sonst oft üblich – der Versicherer die unfallbedingten Verletzungen nicht von einem medizinischen „Gutachteninstitut“ oder „Forschungsinstitut“, die zum erheblichen Teil von Aufträgen der Versicherungsträger leben, begutachten lassen, sondern von Ärzten einer Universitätsklinik. Das Ergebnis war jedoch ähnlich und fiel einseitig im Interesse des Auftraggebers, in diesem Fall der ADAC-Schutzbrief-Versicherungs-AG aus.

Der Versicherte sollte sich auch in Fällen, wo die Unfallversicherung  seine Abrechnung mit ausführlichen medizinischen Gutachten mit „Brief und Siegel“ von Universitätsprofessoren rechtfertigt, nicht beeindrucken lassen und jedenfalls bei erheblicheren Verletzungen und Beschwerden die Abrechnung des Versicherers immer  prüfen lassen.

Falls Ihnen eine Abrechnuung Ihrer Unfallversicherung vorliegt, kontaktieren Sie uns und nehmen Sie unser  Angebot einer kostenlosen Ersteinschätzung  wahr!

 


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