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OLG Hamm: Protektor Lebensversicherung AG kann sich bei unglaubwürdigem Versicherungsvertreter nicht auf Anfechtung und Rücktritt des Versicherungsvertrages berufen

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 31.10.2007 – 20 U 38/07

 

1. Behauptet der Versicherte schlüssig, den Versicherungsvertreter bei der Antragstellung auf Abschluss des Versicherungsvertrages zutreffend über Vorerkrankungen unterrichtet zu haben, obliegt es dem Versicherer, das Gegenteil zu beweisen. 

2. Wusste der Versicherungsvertreter von Vorversicherungen, wird die entsprechende Frage im Versicherungsantragsformular von ihm jedoch verneint, begründet das erhebliche Zweifel an seiner Aussage, er weise stets auf die Wichtigkeit wahrheitsgemäßer Antworten hin.

3. Wenn der Versicherungsvertreter gelegentlich erläutert hat, dass „eine tropfende Nase sicherlich nicht so wichtig ist wie ein verschwiegener Herzinfarkt“, passt dazu jedenfalls nicht ohne weiteres seine weitere Erklärung, er habe niemals gesagt, dass Bagatellerkrankungen nicht anzugeben seien.

4. Dass es durchaus auch Zweifel an der Aussage des von dem Versicherten für den Ablauf des Versicherungsantragsgesprächs benannten Zeugen gibt ändert dann, wenn der Versicherungsvertreter nicht glaubwürdig ist nichts, denn der Versicherer ist beweispflichtig für die vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung des Versicherten.

Anmerkungen RA Zeitler, Fachanwalt für Versicherungs- und Medizinrecht

Das Oberlandesgericht Hamm hat die Protector Lebensversicherung AG verurteilt, den Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag unserer Mandantin fortzuführen. Diesen hatte die Protector durch Anfechtung und Rücktritt zu beenden versucht, weil unsere Mandantin angeblich beim Abschluss des Versicherungsvertrages falsche Angaben zu ihrem Gesundheitszustand aus der Vergangenheit gemacht hatte. Dies konnte die insoweit beweispflichtige Versicherung jedoch nicht beweisen. Unsere Mandantin hatte plausibel vorgetragen, dass sie im Versicherungsantragsgespräch den Versicherungsvertreter über ihre Vorerkrankungen informiert hatte und insoweit auch einen Zeugen benannt. Die Angaben des Versicherungsvertreters zum Ablauf des konkreten Versicherungsantragsgesprächs und zu seinem auch sonst üblichen Vorgehen waren widersprüchlich, so dass die Richter des Oberlandesgerichts Hamm ihnen keinen Glauben schenkten. Dies musste zwangsläufig dazu führen, dass nicht von einer Anzeigepflichtverletzung unserer Mandantin auszugehen war und die Protector den Versicherungsvertrag wieder herstellen musste. Dass es auch Zweifel an der Glaubwürdigkeit des von unserer Mandantin für den Ablauf des Versicherungsantragsgesprächs benannten Zeugen gab war unerheblich, weil allein das Versicherungsunternehmen beweispflichtig für eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung des Versicherten ist. Ist schon der vom Versicherer benannte Zeuge (Versicherungsvertreter) nicht glaubwürdig, kann der Versicherer den Nachweis einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung nicht führen, egal wie glaubwürdig oder unglaubwürdig der von dem Versicherten benannte Zeuge seinerseits ist.

 


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