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LG Berlin: Arag-Rechtsschutzversicherung muss Kosten bei vorschneller Deckungsablehnung wegen angeblich fehlender Erfolgsaussichten zu tragen (hier: rechtswidrige Leistungseinstellung durch Alte Leipziger BU-Versicherung im Nachprüfungsverfahren)

 Landgericht Berlin, Beschluss v. 20.04.2015, Az.: 7 T 2/15

Unser - bei der ARAG Versicherungen SE rechtsschutzversicherter -  Mandant unterhält eine Berufsunfähigkeitsversicherung bei der Alten Leipziger Lebensversicherung AG. Die Alte Leipziger erbrachte zunächst vertragsgemäß Leistungen in Form der Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente an unseren Mandanten. Mittels Schreiben vom 24.01.2014 leitete die BU-Versicherung dann ein sog. Nachprüfungsverfahren ein und forderte bei unserem Mandanten einen aktuellen ärztlichen Bericht an, um ihre weitere Leistungspflicht beurteilen zu können. Da sich unser Mandant nicht in ärztlicher Behandlung befand, konnte er dieser Aufforderung nicht nachzukommen, worauf die Alte Leipziger rechtswidrig mit der Einstellung der BU-Rentenzahlung drohte.

In der Folge beauftragte der Mandant unsere Kanzlei mit seiner anwaltlichen Vertretung und bat gleichzeitig um Einholung der Deckungszusage bei seiner Arag-Rechtsschutzversicherung. Diese lehnte ihre Eintrittspflicht zunächst mit dem Argument ab, es läge kein konkreter Versicherungsfall vor, da der Alten Leipziger kein Verstoß gegen ihre vertraglich Rechtspflichten vorgeworfen werden könne.

Im weiteren Verlauf der Korrespondenz wurde die ARAG-Rechtsschutzversicherung erneut darauf hingewiesen, dass unser Mandant keiner vertraglichen Verpflichtung unterliegt, sich während des BU-Leistungsbezuges bei unverändertem Krankheitsverlauf in ärztlicher Behandlung zu befinden, was die ARAG-Rechtsschutzversicherung jedoch nicht interessierte. Sie machte sich vielmehr die rechtswidrige Argumentation der Alten Leipziger BU-Versicherung zu Eigen und behauptete wie diese, dass eine angebliche Mitwirkungspflicht des Versicherungsnehmers bestünde. Insofern lehnte die ARAG mit Schreiben v. 21.07.2014 endgültig – nunmehr wegen angeblich fehlender Erfolgsaussichten – ab und bot an, dass unser Mandant die Einleitung eines, in den Bedingungen vorgesehenen Schiedsgutachterverfahrens verlangen könne.

Von der Durchführung eines Schiedsgutachterverfahrens rieten wir unserem Mandanten jedoch ab, da nach dem Rechtsschutzvertrag das Auswahlrecht bzgl. des Gutachters vorliegend nicht dem Versicherungsnehmer zustand (der in diesem Fall auch seinen eigenen Anwalt als Schiedsgutachter hätte benennen dürfen). Vielmehr lag das Auswahlrecht nach §18 ARB ARAG 2000/2 beim Präsidenten der örtlich zuständigen Rechtsanwaltskammer, was aus unserer Erfahrung häufig zu unangemessenen Ergebnissen führt, da von den Rechtsanwaltskammern nicht selten minderqualifizierte Rechtsanwälte, die sich selbst für derartige Gutachtenaufträge beworben haben, eingesetzt werden.

Insofern war ein sog. Deckungsprozess vor dem Amtsgericht Berlin- Charlottenburg (203 C 496/14) zu führen. Hier versuchte sich die ARAG, als ihr durch richterlichen Hinweis die Aussichtslosigkeit ihres Rechtsstandpunktes vor Augen geführt wurde,  mittels eines sofortigen Anerkenntnisses des Deckungsanspruches wenigstens noch  ihrer Kostentragungspflicht (in Bezug auf die Prozesskosten) zu entziehen. Zur Begründung führte die ARAG plötzlich an, ihr seien vorprozessual nicht sämtliche erforderlichen Informationen bzw. Unterlagen zur sachgerechten Prüfung zur Verfügung gestellt worden. Während das Amtsgericht Charlottenburg die Voraussetzungen eines sofortigen Anerkenntnisses fälschlich noch für gegeben erachtete und die Prozesskosten unserem Mandanten auferlegte, hob das Landgericht Berlin diese Entscheidung (auf unsere sofortige Beschwerde hin) zu Recht auf und beschloss die volle Kostentragungspflicht zu Lasten der ARAG.

Zur Begründung führte das Landgericht u.a. an, dass für den Fall, dass – wie von der ARAG im Prozess behauptet - dem Rechtsschutzversicherer die ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen für eine abschließende Leistungsentscheidung nicht ausreichen, es an ihm ist, diese ggf. durch konkrete Benennung anzufordern. Lehnt der Versicherer dennoch seine Leistungsflicht endgültig ab, kann er sich im Prozess nicht mehr darauf berufen, weitere Informationen für eine Leistungsentscheidung benötigt zu haben.

Anmerkung Rechtsanwalt Dr. Büchner:

Der Vortrag der ARAG-Rechtsschutzversicherung im Prozess, dass ihr für die Leistungsentscheidung angeblich nicht genug Informationen vorlagen, war unredlich und leicht durchschaubar. Vielmehr hatte sie sich ganz bewusst und in voller Kenntnis der rechtlichen Situation gegen unseren Mandanten entschieden und sich die rechtswidrigen Argumente der Gegenseite (hier der Alten Leipziger BU-Versicherung) eilfertig zu Eigen gemacht. Sie war auch nicht bereit, über unsere weiteren Hinweise nachzudenken, sondern stellte lediglich ihren Ablehnungsgrund von einem zunächst angeblich nicht vorliegenden Versicherungsfall auf „fehlende Erfolgsaussichten“ um.

Leider ist der hier aufgezeigte Sachverhalt kein Einzelfall, sondern wiederholt sich regelmäßig in der Regulierungspraxis der ARAG, aber auch vieler anderer Rechtsschutzversicherungen. Wir können unsere Mandanten insofern nur davor warnen, Deckungsanfragen selbst zu veranlassen. In vielen Fällen wird gegenüber dem rechtlich nicht bewanderten Versicherungsnehmer einfach behauptet, es läge noch kein Rechtsschutzversicherungsfall vor und die Anwaltskosten würden nicht übernommen, obwohl das Gegenteil der Fall ist und ein Deckungsanspruch sehr wohl besteht! Versicherungsnehmer können selbst nicht überschauen, ob die Aussagen der Rechtsschutzversicherungen korrekt sind und nehmen dann nicht selten davon Abstand, einen Anwalt zu beauftragen – was gravierende Folgen haben kann.

Im vorliegenden Fall hätte die Alte Leipziger BU-Versicherung die Rentenzahlung an unseren Mandanten umgehend eingestellt. Dazu ist es nicht gekommen, da er uns mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hat. In der Folge hat die Alte Leipziger nicht mehr auf ihrer rechtswidrigen Forderung der Beibringung von ärztlichen Befundberichten bestanden, sondern musste ihre Leistungspflicht im Nachprüfungsverfahren weiter anerkennen.

 

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