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OLG Frankfurt: Sportunfähigkeitsversicherung muss auch bei einem Ausfall eines Lizenzspielers aufgrund einer entzündlich- rheumatischen Erkrankung zahlen, die nicht direkt aus einem Sportunfall resultiert.

Entscheidung OLG Frankfurt v. 28.06.2006

Der durchschnittliche Versicherungsnehmer versteht die Formulierung in den Versicherungsbedingungen für Sportausfalldeckung, wonach eine versicherte Krankheit vorliegt, wenn die versicherte Person plötzlich und unfreiwillig aufgrund einer akuten Krankheit vorübergehend oder endgültig sportunfähig wird, dahin, dass alle nach Versicherungsbeginn auftretenden Krankheiten versichert sind.

Der Kläger – ein Lizenzspieler in der Fußball-Bundesliga hatte von seiner Versicherung die Zahlung von Ausfalltagegeld für die Zeit einer Verletzung aus einer von ihm abgeschlossenen Sportunfähigkeitsversicherung verfolgt. Er hat behauptet, durch einen Sportunfall wegen einer unfallbedingten Vorfußquetschung links mit einer anschließenden Gelenkentzündung verletzt gewesen zu sein. Die Beklagte hat eine unfallbedingte Verletzung des Klägers bestritten und die Sportunfähigkeit auf eine Dauerbelastung zurückgeführt, die angeblich nicht versichert sei. Darüber hinaus hat sich die Beklagte auf die Verletzung von Obliegenheiten durch den Kläger berufen.

Das Landgericht hat nach Vernehmung von Zeugen den Anspruch des Klägers aufgrund akuter Krankheit gestützt und das Vorliegen einer verspäteten Anzeige des Versicherungsfalles verneint. Die Beklagte verfolgte ihren Vortrag in der Berufung weiter und sieht eine unzureichende Feststellung durch das Landgericht darin, dass nicht festgestellt worden sei, dass und wann ein Versicherungsfall eingetreten sei. Eine versicherte Krankheit, die einen Versicherungsfall darstelle, liege deshalb nicht vor, da die rheumatische Grunderkrankung des Klägers nicht plötzlich und akut aufgetreten sei. Die Sportunfähigkeit sei jedenfalls nicht auf ein Unfallgeschehen zurückzuführen.

Das OLG Frankfurt bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung und wies die Berufung der Versicherungsgesellschaft endgültig zurück.

Die Leistungspflicht der Beklagten folgt nämlich aus dem weiterhin in der Sportunfähigkeitsversicherung gedecktem Krankheitsrisiko. Danach lag nach den Versicherungsbedingungen für die Sportausfalldeckung eine versicherte Krankheit vor, wenn die versicherte Person plötzlich und unfreiwillig aufgrund einer akuten Krankheit vorübergehend oder endgültig sportunfähig wurde. Nach dem unstreitig gewordenen Sachverhalt war Ursache der Sportunfähigkeit des Klägers eine entzündliche rheumatische Erkrankung aus der Gruppe der seronegativen Spondylarthropathien. Diese von dem behandelndem Arzt Dr. H aufgrund intensiver differenzial-diagnostischer Abklärung im Zusammenhang mit einem Rheumatologen gewonnene Diagnose ist insbesondere deshalb gesichert, weil sich kein Hinweis auf eine knöcherne Verletzung und auch kein Hinweis auf eine Stressfraktur befand und diese Feststellungen durch einen kernspinthomographischen Befund gesichert sind. Die danach bei dem Kläger aufgetretene, zu seiner Sportunfähigkeit führende Krankheit ist auch versichert. Dem steht es nicht entgegen, dass nach dem Wortlaut der das gedeckte Krankheitsrisiko umschreibenden Bedingung nur plötzlich und unfreiwillig aufgrund akuter Krankheiten auftretende Erkrankungen versichert sind, wenn sie zur vorübergehenden oder endgültigen Sportunfähigkeit führen. Nach dem maßgeblichen Verständnis des Versicherungsnehmers durfte er die Umschreibungen der gedeckten Versicherungsfälle in der Sportunfähigkeitsversicherung durch die Beschreibungen "akute Krankheit" und "plötzlich" dahin verstehen, dass damit nur solche Krankheiten ausgeschlossen wurden, die bereits vor Versicherungsbeginn bestanden. Als Allgemeine Versicherungsbedingungen war die Klausel in der Weise auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen musste. Dabei kam es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an (vgl. BGH VersR 1993, 957; BGH ZFS 2002, 34; OLG Köln VersR 1992, 490; OLG Hamm VersR 1990, 1272). Vor dem Hintergrund des § 1 I der Allgemeinen Versicherungsbedingungen musste der Versicherungsnehmer davon ausgehen, dass Versicherungsschutz bei akuten Krankheiten gewährt wurde, die der versicherten Person während der Wirksamkeit des Vertrages zustoßen. Damit durfte er das in § 1 IV der Allgemeinen Versicherungsbedingungen umschriebene Krankheitsrisiko so verstehen, dass alle nach Versicherungsbeginn auftretende Krankheiten als plötzlich auftretende Krankheiten zu verstehen waren und Krankheitssymptome mit dem Begriff akuter Krankheit umschrieben wurden. Soweit die Beklagte davon ausgeht, der Zusammenhang von plötzlich und akut in der Umschreibung gedeckter Krankheiten bedeute nichts anderes, als dass eine Krankheit nicht gedeckt sei, die seit mehreren Monaten behandlungsbedürftig vorhanden war und nur zufällig wieder aufbreche, also "etwas akuter" werde, konnte ein Versicherungsnehmer unter Anlegung des oben dargestellten Maßstabes nicht teilen. Selbst dann, wenn mit der Beklagten davon auszugehen wäre, dass aufgrund der beigefügten Umschreibungen für gedeckte Versicherungsfälle durch die Merkmale der Plötzlichkeit und des akuten Eintretens eine Unklarheit geschaffen wurde, dass und welche Krankheiten nach Versicherungsbeginn in der Sportunfähigkeitsversicherung versichert waren, die von der Beklagten angeführte Auslegung wenigstens rechtlich vertretbar ist, gingen Zweifel bei der Auslegung zu Lasten der die Allgemeinen Versicherungsbedingungen stellenden Beklagten (§ 305 c Abs. 2 BGB). Da weder dargelegt noch nachgewiesen ist, dass vor Versicherungsbeginn bereits eine rheumatische Erkrankung des Klägers vorlag, ist die nach materiellem Versicherungsbeginn der Sportunfähigkeitsversicherung aufgetretene Sportunfähigkeit gedeckt. Da der zu zahlende Betrag unstreitig ist, weil beide Parteien von einem Tagessatz von 51,13 Euro bei 241 Tagen Leistungszeit ausgehen, ist der Klageanspruch von dem Landgericht auch mit Recht als begründet angesehen worden.

Anmerkung Dr. Büchner:

Gerade im Bereich des Profisports und der Sportlerversicherung kommt es nicht selten zu Auseinandersetzungen zwischen Sportler und Versicherung, ob die Zeit einer Arbeitsunfähigkeit von der abgeschlossenen Sportlerversicherung, hier sog. Sportunfähigkeitsversicherung abgedeckt ist. In dem hier vorliegenden Fall litt der Lizenzspieler an einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung, welche nicht unmittelbar mit einem Sportunfall in Zusammenhang gebracht werden konnte. Gleichwohl verurteilte das OLG Frankfurt im Ergebnis die zunächst zahlungsunwillige Versicherung, da es nach den abgeschlossenen Versicherungsbedingungen auf diesen, von der Versicherung behaupteten angeblich notwendigen Zusammenhang nicht ankam. Einzige Bedingung war, dass es sich nicht um eine Krankheit handelte, die bereits vor Versicherungsbeginn bestanden hat, was nicht der Fall war.

Der Versicherungsnehmer tat im geschilderten Fall gut daran, die Ablehnung der Sportunfähigkeitsversicherung nicht zu akzeptieren und seine Rechte mit anwaltlicher Hilfe bei Gericht durchzusetzen.


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