OLG München: Ausgleichsanspruch eines Versicherungsvertreters
Nach einem aktuellen Urteil des Oberlandesgericht München vom 10.06.2009 (Az.: 7 U 4522/08) gelten die „Grundsätze Leben“ auch für dynamische Rentenversicherungen; ein Auskunftsanspruch besteht gemäß § 242 BGB zur Darlegung der Voraussetzung dieser „Grundsätze“; allerdings besteht kein Ausgleichsanspruch für die von sog. unechten Untervertretern vermittelte Verträge nach den „Grundsätzen Leben“
Das OLG München hat in seinem Urteil entschieden, dass ein Versicherungsvertreter zur Darlegung der Voraussetzungen der vertraglich vereinbarten „Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs“ eine Auskunft nach § 242 BGB vom Versicherungsunternehmen verlangen kann, sofern er in entschuldbarer Weise über das konkrete Bestehen sowie den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und das Versicherungsunternehmen die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte unschwer geben kann. Dies ist dann der Fall, wenn der Versicherungsvertreter seine Verpflichtungen aus dem Vertrag erfüllt und sämtliche Unterlagen, insbesondere diejenigen zu den von ihm vermittelten Verträgen angelegten Akten vollständig herausgegeben hat und er allein anhand der ihm noch verbliebenen Provisionsabrechnungen weder die Lebensversicherungssummen, noch die Erhöhung der Lebensversicherungen selbst ermitteln kann.
Dieser Auskunftsanspruch besteht allerdings nicht hinsichtlich solcher dynamischen Lebens- und Rentenversicherungsverträge, welche von sog. unechten Untervertretern vermittelt worden sind, die dem Vertreter lediglich organisatorisch unterstellt waren und für deren Vermittlungserfolge er nur eine Differenzprovision erhalten hat.
Die Verjährung des Auskunftsanspruchs beginnt mit dem Zeitpunkt dessen Durchsetzbarkeit. Dieser Zeitpunkt ist die Fälligkeit des Handelsvertreterausgleichsanspruchs, welche regelmäßig mit der Beendigung des Vertriebsvertrages eintritt. Gemäß § 199 BGB beginnt die Verjährung für den Ausgleichsanspruch mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entsteht und der Versicherungsvertreter von der Entstehung des Anspruchs Kenntnis erlangt.
Die Geltendmachung der Ausgleichsforderung nach § 89 b HGB ist an keine bestimmte Form gebunden. Dieser muss aber hinreichend deutlich eingefordert werden, ohne dass die Vorschrift des § 89 b HGB genannt zu werden brauche. Eine Bezifferung der Ausgleichsforderung muss zunächst nicht erfolgen.
Dynamische Rentenversicherungen sind nach dem Urteil vom Geltungsbereich der „Grundsätze Leben“ mit umfasst, auch wenn sie wörtlich in diesen Grundsätzen nicht erwähnt werden. Dynamische Lebensversicherungen im Sinne der „Grundsätze“ sind Lebensversicherungen, deren Versicherungsbedingungen ein Anwachsen von Beitrag und Leistung in regelmäßigen Zeitabständen von Anbeginn oder aufgrund einer späteren, vom Vertreter bewirkten Vereinbarung vorsähen (sog. Dynamik).
Anmerkung Rechtsanwalt Wegner, Fachanwalt für Versicherungsrecht:
Die Ermittlung der Höhe des konkreten Ausgleichsanspruches bereitet in der Praxis nicht unerhebliche Probleme. Da das Handelsgesetzbuch (HGB) keine konkreten Bestimmungen für die Errechnung enthält, wurden seitens hierzu berufener Stellen sog. „Grundsätze“ erarbeitet um eine Berechnung einheitlich gestalten zu können. Diese Grundsätze gelten mittlerweile als sog. Handelsbrauch und finden in der gesamten Versicherungswirtschaft Anwendung. Soweit so gut. Das zitierte Urteil zeigt einmal mehr den Unterschied zwischen Theorie und Praxis insoweit, als es immer wieder – trotz der „Grundsätze“ zu Streitigkeiten hinsichtlich der Höhe des Ausgleichsanspruches kommt. Bemerkenswert sowie hilfreich ist das Urteil, da es, man möchte sagen endlich, einen konkret gefassten Auskunftsanspruch zugunsten des Anspruchsberechtigten feststellt sowie die „Grundsätze Leben“ gleichfalls und folgerichtig auch für (dynamische) Rentenversicherungen für anwendbar erklärt.