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BSG: Arbeitsunfall bzw. Wegeunfall unter Alkoholeinfluss ist in der Regel versichert

 

Bundessozialgericht - B 2 U 24/05 R - Urteil vom 05.09.2006

Auch ein leichtsinniges unbedachtes Verhalten beseitigt den bestehenden sachlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls nicht, vor allem wenn der Versicherte ausschließlich betriebliche Zwecke verfolgt. Andererseits gibt es in der gesetzlichen Unfallversicherung - mit Ausnahme der Schifffahrt (§ 10 SGB VII; § 552 RVO) - keinen Betriebsbann. Nicht alle Verrichtungen eines grundsätzlich versicherten Arbeitnehmers im Laufe eines Arbeitstages auf der Arbeitsstätte sind versichert, sondern nur die Verrichtungen, die der versicherten Tätigkeit ("infolge") zuzurechnen sind (sachlicher Zusammenhang). Maßgebliches Kriterium zur Bestimmung des sachlichen Zusammenhangs ist die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird. Denn aufgrund der Handlungstendenz kann beurteilt werden, ob der versicherte Arbeitnehmer mit seiner konkreten Verrichtung zur Zeit des Unfalls eine auf seinem Arbeitsvertrag (§ 611 des Bürgerlichen Gesetzbuches) beruhende, dem Unternehmen dienende und damit unter Versicherungsschutz stehende Tätigkeit ausüben wollte. Dies setzt jedoch voraus, dass der Versicherte überhaupt noch in der Lage ist, eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit auszuüben, was aber zu verneinen ist, wenn jemand aufgrund eines alkoholbedingten Vollrausches nicht mehr zu einer zweckgerichteten Ausübung seiner versicherten Tätigkeit fähig ist. Hierfür genügt jedoch nicht ein quantitativer oder qualitativer Leistungsabfall; dann ist der Handelnde noch versichert. Erforderlich ist vielmehr ein Leistungsausfall. Wird diese Grenze überschritten, so ist der Arbeitnehmer nicht mehr versichert. Es handelt sich ähnlich wie bei einer Unterbrechung der versicherten Tätigkeit zur Verrichtung einer privaten Angelegenheit während der Arbeitszeit und auf der Arbeitsstelle, um eine sog "Lösung" vom Betrieb. Ein solcher Vollrausch lässt den sachlichen Zusammenhang zwischen der grundsätzlich versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls entfallen.

Zu beachten ist, dass unter Alkoholeinwirkung geschehene Unfälle auch in der Privaten Unfallversicherung regelmäßig versichert sind, wobei es auch hier Grenzen gibt, welche von der Rechtsprechung vorgegeben werden. Andere Regeln gelten für den Versicherungsschutz bei Unfällen unter Alkoholeinfluss im Straßenverkehr ( Haftpflichtversicherung, Kaskoversicherung ), wobei die Versicherungen auch hier an spezielle Handlungsabläufe gebunden sind, bei deren Nichteinhaltung der Versicherte darauf hoffen kann, seinen Versicherungsschutz zu erhalten.


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