HanseMerkur setzt bei BU-Ablehnung einmal mehr auf Prof. Andreas Stevens, welcher von Gerichtsgutachterin vollständig widerlegt wird. BU-Versicherung wird zur Zahlung der BU-Rente auf Dauer verurteilt.
Urteil Landgericht Hamburg v. 03.05.2018, Az. 332 O 247/18
Sachverhalt
Unsere Mandantin war zuletzt als Augenoptikermeisterin in Vollzeit und darüber hinaus auch noch als Bürokraft in einem Minijob angestellt tätig. Nachdem sie im Herbst 2013 psychisch erkrankte, stellte sie im November 2013 einen Antrag auf Leistungen wegen Berufsunfähigkeit. Die Hanse-Merkur holte zwecks Prüfung der Berufsunfähigkeit Befundberichte der behandelnden Ärzte ein
Von einer Berufsunfähigkeit unserer Mandantin wollte sich die HanseMerkur trotz dieser Befundberichte nicht überzeugen lassen, so dass sie ein Gutachten bei dem bei Versicherern hoch geschätzten Psychiater Prof. Dr. med. Andreas Stevens - Medizinisches Begutachtungsinstitut Tübingen - in Auftrag gab. Prof. Stevens kam in seinem neun Seiten umfassenden Gutachten vom 31.01.2014 - wie nicht anders zu erwarten war - zu dem Ergebnis, dass eine Berufsunfähigkeit der Klägerin nicht vorliege; überdies warf er ihr „gesicherte negative Antwortverzerrungen“ vor.
Auf das Stevens-Gutachten hin lehnte die Hanse-Merkur mit Schreiben vom 03.03.2014 Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung ab. Unsere Mandantin beauftragte daraufhin ihrerseits einen psychiatrischen Gutachter der in seinem Gutachten vom 24.06.2014 entgegen der Einschätzung Prof. Dr. Stevens eine Berufsunfähigkeit feststellte. Das für die Deutsche Rentenversicherung erstellte Gutachten aus der Psychosomatischen Klinik B. vom 18.06.2016 kam sogar zu dem Ergebnis einer vollständigen Erwerbsminderung. Auf der Grundlage dieses Gutachtens wurde der Mandantin mit Bescheid vom 04.09.2014 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zuerkannt. Dennoch blieb die Hanse-Merkur auf der Grundlage einer ergänzenden Stellungnahme Prof. Dr. Stevens vom 11.08.2014 mit Schreiben vom 29.08.2014 bei ihrer Leistungsablehnung, so dass eine Klage unvermeidlich wurde.
Das Landgericht Hamburg beauftragte im Prozess von Amts wegen eine weitere – gerichtliche – Gutachterin, welche sich mit den Erkenntnissen von Herrn Prof. Stevens auseinanderzusetzen hatte und in ihrem 32 Seiten umfassenden Gutachten zu komplett gegenteiligen Ergebnissen kam. Die Gerichtsgutachterin stellte fest, dass Prof. Stevens bereits mit seiner Ablehnung einer depressiven Erkrankung komplett daneben lag; auch die der Mandantin unterstellte Aggravation wurde nicht bestätigt. Darüber hinaus stellte die Gerichtsgutachterin fest, dass Prof. Stevens sowohl eine vorhandene Panik- als auch eine Persönlichkeitsstörung komplett „übersehen“ hatte. Die Gerichtsgutachterin schätzte den Grad der BU unserer Mandantin mit 100% ein.
Das Landgericht Hamburg folgte der Einschätzung seiner Gutachterin und verurteilte die Hanse-Merkur antragsgemäß zur Rentenzahlung auf Dauer.
Anmerkung Rechtsanwalt Dr. Büchner
Der psychiatrische Gutachter Prof. Andreas Stevens wird von der BU-Leistungsabteilung der Hanse-Merkur Lebensversicherung sehr geschätzt und laufend mit Begutachtungen von Antragstellern beauftragt. Aus unserer Erfahrung sind die Ergebnisse von Prof. Stevens regelmäßig negativ für den Versicherungsnehmer. Dies verwundert auch nicht, da Prof. Stevens in seinen eigenen Veröffentlichungen behauptet, dass grundsätzlich ca. zwei Drittel aller Probanden in der psychiatrischen Begutachtung Simulanten sind. Man hat insofern schon verloren wenn man noch nicht begutachtet wurde und muss sich im Zweifel von dem Vorwurf befreien, ein Simulant zu sein.
Das Ergebnis der Gerichtsgutachterin ist insofern ebenfalls folgerichtig. Im Unterschied zu Prof. Stevens, der eine Berufsunfähigkeit von 0 Prozent annahm, kam diese zu 100% Berufsunfähigkeit – eine größere Diskrepanz zwischen Versicherungs- und Gerichtsgutachter ist nicht denkbar.
Leider sind auch in diesem Fall außerprozessual alle Versuche, die Hanse-Merkur von ihrer haltlosen Entscheidung abzubringen, gescheitert. Man hat einmal mehr ganz bewusst an der Entscheidung festgehalten, sicher auch mit dem Kalkül, dass sich die Versicherte den Prozess nicht leisten kann bzw. entnervt aufgibt.
Wir raten jedem Versicherungsnehmer, welcher in eine ähnliche Lage kommt, frühzeitig mit uns Kontakt aufzunehmen, möglichst bereits im Rahmen der BU-Antragsstellung bzw. spätestens, wenn die BU-Versicherung einen Gutachter festgelegt hat. Bereits an dieser Stelle kann ggf. verhindert werden, dass die BU-Versicherung in solch fataler Weise ihre Interessen durchdrückt und den Versicherten auf einen jahrelangen Klageweg schickt.
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