LG Berlin: HanseMerkur – Berufsunfähigkeitsversicherung wird verurteilt, BU-Rente an Kundendienstmonteur zu zahlen, welcher prägende Tätigkeiten seines Berufes nicht mehr ausüben kann.
LG Berlin Urteil v. 03.03.2015, Az. 7 O 54/13
Unser Mandant beantragte, nachdem er seit dem 27.09.2009 infolge degenerativer Erkrankung der HWS und des Schultergelenks dauerhaft als Kundendienstmonteur krankgeschrieben war, am 13.04.2010 die Gewährung der versicherten Berufsunfähigkeitsrente bei der Hanse-Merkur Lebensversicherung. Nach fast einem Jahr Prüfungsdauer wurde unser Mandant schließlich von zwei medizinischen Gutachteninstituten im Auftrag der HanseMerkur Versicherung untersucht.
Dabei kam Frau Dr. Waltraud Heisig (kooperiert mit Medizinisches Gutachteninstitut Döbeln) Bahnhofstraße 32, 04720 Döbeln – in ihrem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 01.04.2011 zu dem Ergebnis, dass eine Einschränkung der Berufsfähigkeit unsres Mandanten höchstens bei 20-30 Prozent läge. Herr Dr. Gunter Baehnisch – Medizinische Begutachtungen, Landsberger Str. 1, 04157 Leipzig – kam in seinem orthopädischen Gutachten vom 14.04.2011 ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Berufsfähigkeit des Mandanten nur in einer Größenordnung von unter 50 Prozent herabgesetzt sei, ohne sich dabei auf eine genaue Prozentzahl festzulegen.
Die behandelnden Ärzte, der Rehabericht der Deutschen Rentenversicherung sowie ein Gutachten der Krankenversicherung sahen unseren Mandanten hingegen als voll berufsunfähig und keinesfalls in der Lage an, seiner letzten ausgeübten Tätigkeit weiter nachzugehen.
Gleichwohl stützte die Hanse-Merkur Berufsunfähigkeitsversicherung ihre Leistungsablehnung vom 28.04.2011 ausschließlich auf die von ihr selbst in Auftrag gegebenen Gutachten. Eine Auseinandersetzung mit den weiteren, vorliegenden ärztlichen Berichten und Gutachten fand weder durch die Versicherung noch durch die beauftragten Gutachter statt.
Unser Mandant beauftragte uns zunächst mit der seiner außergerichtlichen Interessenwahrnehmung, innerhalb der wir der HanseMerkur auseinandersetzten, dass auch den von ihr selbst in Auftrag gegebenen Gutachten entnommen werden konnte, dass unser Mandant, die für seine Arbeit als Kundendienstmonteur für Küchengeräte prägenden Tätigkeiten, welche mit dem Heben, Ausbau und Tragen schwerer Haushaltsgeräte verbunden waren, nicht mehr ausführen kann. Die Sachbearbeiterin der Berufsunfähigkeitsversicherung stellte unsere schriftlichen Einwände Herrn Dr. Baehnisch zur Verfügung, welcher sich daraufhin – sein Aufgabenfeld als Gutachter verlassend – dahingehend wertend äußerte, dass die als körperlich sehr schwer beschriebenen Tätigkeitsmuster nicht die eigentliche Kerntätigkeit das Mandanten darstelle.
Es blieb insofern bei der Leistungsablehnung durch die HanseMerkur, so dass Klage geboten war.
Auf unsere Klage hin verurteilte das Landgericht Berlin die HanseMerkur Lebensversicherung zur Nachzahlung einer Summe i.H.v. € 68.894,28 (ausstehende Rentenzahlungen ab Geltendmachung der Berufsunfähigkeit) sowie zur künftigen monatlichen Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente i.H.v. € 1.538,30 bis zum Ende der Vertragslaufzeit.
Das Gericht hatte ein weiteres Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben und ist diesem vollständig gefolgt; der gerichtliche Gutachter hatte die Bewertungen des Herrn Dr. Baehnisch als „nicht nachvollziehbar“ eingeschätzt. Das Landgericht hatte in seiner Entscheidung überdiese betont, dass es offen bleiben konnte, ob die schweren körperlichen Tätigkeiten die mit dem Heben von Lasten über 10 kg oder mit Zwangshaltungen verbunden sind, mehr als 50% der tatsächlichen Arbeitszeit unseres Mandanten ausgemacht haben, da diese in jedem Fall prägende Tätigkeiten gewesen sind, bei deren Wegfall der Rest der Tätigkeit wertlos würde. Urteil folgte damit der ständigen Rechtsprechung des BGH.
Anmerkung Dr. Büchner:
Die Klage war überflüssig; bei Beachtung der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) hätte die HanseMerkur Berufsunfähigkeitsversicherung auch unter Berücksichtigung der von ihr selbst eingeholten Gutachten eine positive Leistungsentscheidung treffen müssen.
Spätestens nachdem wir der Versicherung die Problematik mit anwaltlichem Schriftsatz vor Augen gehalten hatten, wäre noch einmal die Gelegenheit zur Einsicht gewesen. Auch diese Chance wurde nicht genutzt, stattdessen stützte man sich auf die erkennbar neben der Sache liegenden Ausführungen des eigenen Gutachters Dr. Baehnisch.
Sowohl das Institut Medizinische Begutachtungen Leipzig des Herrn Dr. Gunter Baehnisch als auch das MedizinischesGutachteninstitut Döbeln, mit dem Frau Dr. Waltraud Heisig kooperiert, werden hier als Gutachteninstitute wahrgenommen, die der Versicherungswirtschaft sehr nahe stehen. Nicht umsonst hatte die HanseMerkur gegenüber unserem, in Berlin wohnenden Mandanten darauf bestanden, dass sich dieser zu den Begutachtungen in das 180 km entfernte Leipzig bzw. das 250 km entfernte Döbeln begibt.
Die vorstehend beschriebene Situation entsteht bei der Leistungsregulierung durch Personenversicherungen leider nicht selten. Sachbearbeiter berufen sich – ohne auf sachlich vorgetragene rechtliche Argumente einzugehen – hartnäckig auf Ergebnisse der von ihnen beauftragten Gutachter und sind weder dazu bereit, diese zu hinterfragen noch geeignete und zielführende Fragestellungen an diese zu richten. Ein derartiges, ignorantes Regulierungsverhalten wurde mit dem hier vorgestellten, durch unsere Kanzlei erstrittenen Urteil einmal mehr abgestraft.
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