Newsdetail

OLG Frankfurt a.M.: Leistungsfreiheit der Kasko-Versicherung bei Rotlichtverstoß infolge eines Augenblicksversagens

Entscheidung vom 11.05.2001, Az. 24 U 231/99

Ein "Augenblicksversagen", dh eine Fehleinschätzung oder Fehlreaktion eines Versicherungsnehmers, wie sie jedem, auch dem im allgemeinen verantwortungsbewußten Menschen einmal unterlaufen kann, ist nicht regelmäßig als grobe Fahrlässigkeit zu bewerten. Die Folgen solchen Augenblicksversagens ohne weiteres aus dem Kreise der versicherten Risiken der Vollkaskoversicherung auszunehmen, würde eine mit dem Zweck der Versicherung unvereinbare Aushöhlung des Versicherungsschutzes bedeuten.

Hat der Versicherungsnehmer zunächst vor dem roten Ampellicht an der Haltelinie einer Kreuzung angehalten und fährt sodann (wahrscheinlich), nachdem er sich nach links umgesehen und in dem neben ihm haltenden Fahrzeug einen Kollegen erkannt hatte, wegen einer unbewußten persönlichen Fehlverarbeitung einer in seinem Blickfeld liegenden anderen, gerade nicht für ihn geltenden Ampel bei fortdauerndem Rotlicht wieder an und stößt mit einem Fahrzeug des Querverkehrs zusammen, so handelt er zwar in objektiver Hinsicht grob fahrlässig; die subjektive Unentschuldbarkeit eines solchen Augenblicksversagens ist jedoch nicht anzunehmen, so daß der Kaskoversicherer nicht wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Unfalls von seiner Leistungspflicht frei wird.

Anmerkung Rechtsanwalt Wegner, Fachanwalt für Verkehrsrecht:

Im hier vorgestellten Klageverfahren wurde der Kaskoversicherung des Fahrers schließlich verurteilt, den vollen Schaden zu ersetzen, weil der Versicherungsnehmer nach Ansicht des Gerichts trotz Rotlichtverstoßes nicht grob fahrlässig gehandelt hat.
Der Versicherungsnehmer hatte zunächst an einer roten Ampel angehalten und in dem Fahrzeug neben ihm einen Kollegen erkannt und begrüßt. Dann glaubte er irrtümlich grünes Licht zu sehen, fuhr in die Kreuzung ein und stieß mit einem Fahrzeug zusammen.

Es entspricht unserer Erfahrung, dass Kaskoversicherungen mit dem Vorwurf der groben Fahrlässigkeit schnell bei der Hand sind, um damit ihrer Regulierungsverpflichtung zu entgehen. Die Entscheidung verdeutlicht einmal mehr, dass ein derartiges Verhalten nicht hingenommen werden sollte!

 


Seite drucken