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OLG Düsseldorf: Anforderungen an die Beaufsichtigung von Patienten nach Vollnarkose

OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.9.2000 (8 U 12/00)

Die am 7. 9. 1937 geborene Kl. unterzog sich am 25. 1. 1995 wegen einer chronischen Analfissur im S. Krankenhaus, dessen Träger der Bekl. ist, einer Fissurektomie. Die zu diesem Eingriff durchgeführte Allgemeinanästhesie dauerte ausweislich des Anästhesieprotokolls von 10.00 bis 10.20 Uhr. Um 10.50 Uhr wurde die Kl. auf die Krankenstation verbracht. Gegen Mittag suchte die Kl. die Toilette auf, wo sie kollabierte und zu Boden stürzte. Nach der ärztlich vorgenommenen Erstversorgung klagte die Kl. über Kopfschmerzen und Übelkeit.
Die Kl. behauptete, aufgrund des Sturzes habe sie eine schwere Gehirnerschütterung, eine Stauchung der Halswirbelsäule sowie eine Ruptur der Rotatorenmanschette in der rechten Schulter davongetragen. Seit dem Sturz leide sie unter fast unerträglichen Schmerzen im Bereich des Kopfes und der Schulter. Hierwegen seien zwischenzeitlich operative Eingriffe erforderlich geworden.
Das LG hat die auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld und auf Feststellung gerichtete Klage abgewiesen.
Die Berufung der Kl. hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen:

1. Fehler in der ärztlichen Betreuung der Kl. während und nach der am 25. 1. 1995 durchgeführten Operation sind nicht feststellbar: Prof. Dr. B. hat in seinem erstinstanzlich eingeholten Gutachten überzeugend dargestellt, dass die Narkose bei der Kl. in jeder Hinsicht sachgerecht durchgeführt und dass auch nach dem Aufwachen der Kl. die erforderliche Sorgfalt beachtet worden ist. Dabei ist nach dem Inhalt der Behandlungsunterlagen davon auszugehen, dass die Anästhesie selbst von 10.00 bis 10.20 Uhr andauerte. Danach verblieb die Kl. bis 10.50 Uhr im Aufwachraum und wurde sodann von der Zeugin H. auf die Krankenstation verbracht, wo der Blutdruck gemessen wurde (120/80 RR; Puls: 80/min). Prof. Dr. B. schließt aus, dass der etwa um 13.00 Uhr geschehene Sturz auf die zuvor durchgeführte Allgemeinanästhesie zurückzuführen ist, weil - wie auch die unauffälligen Ergebnisse der Messung von Blutdruck und Herzfrequenz zeigten - zu diesem Zeitpunkt die Wirkung der Narkose vollständig ausgeklungen war.

2. Zu Recht hat das LG auch pflegerische Versäumnisse im Zusammenhang mit dem Aufsuchen der Toilette durch die Kl. verneint. Die auch insoweit beweisbelastete Kl. hat nicht den Nachweis eines entsprechenden Fehlverhaltens zu erbringen vermocht; das Ergebnis der vor dem LG durchgeführten Beweisaufnahme sowie die ausweislich der Behandlungsunterlagen bei der Kl. seinerzeit erhobenen Befunde rechtfertigen vielmehr die Schlussfolgerung, dass keine Bedenken aufkommen mussten, sie in Begleitung einer Krankenschwester zur Toilette gehen und dort allein zurückzulassen: Hinweise auf eine akute Instabilität der Kreislaufsituation gab es nicht. Der bei der Kl. um 10.50 Uhr gemessene Blutdruck (120/80 RR) lag im Normalbereich.
Wie sich aus der Darstellung der die Kl. seinerzeit als Stationsschwester betreuenden Zeugin H. ergibt, war es der Kl. auch ohne Probleme möglich, sich mit ihrer Hilfe aufzurichten und, nachdem sie einige Zeit auf der Bettkante sitzen geblieben war, in Begleitung der Zeugin selbstständig zur Toilette zu gehen. Unter diesen Umständen durfte die Zeugin H. davon ausgehen, dass die Kl. auf der Toilette allein zurechtkam und imstande war, sich beim Auftreten von Problemen über die dort vorhandene Klingel zu melden. Auch Prof. Dr. B. kommt bei der Bewertung dieses Vorgehens aus medizinischer Sicht zu dem Ergebnis, dass die pflegerischen Standards hinsichtlich der Begleitung der Kl. zur Toilette ausreichend beachtet worden sind. ...


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