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LG Berlin: Debeka Leben verweigert Berufsunfähigkeitsrente nach Pensionierung eines Beamten trotz bestehender Dienstunfähigkeitsklausel und erkennt aber dann sofort an, nachdem die Klage bei Gericht anhängig war.

LG Berlin, Az. 7 O 75/12

Unser Mandant, welcher an einer Multiplen Sklerose leidet, war dem 13.02.2007 krankgeschrieben. Eine polizeiärztliche Begutachtung am 01.09. und 17.09.2008 ergab seine Polizeidienstunfähigkeit und eine allgemeine Dienstunfähigkeit. Mit Bescheid vom 26.05.2009 und Entlassungsurkunde vom 26.05.2009 wurde er wegen Dienstunfähigkeit für den Polizeivollzugsdienst und den allgemeinen Verwaltungsdienst in den Ruhestand versetzt.

Unser Mandant machte am 12.05.2009 Ansprüche aus seiner Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit formlosem Schreiben vom 12.05.2009 und mit formalisiertem Leistungsantrag vom 12.05.2009 geltend. Mit Schreiben vom 13.07.2009 teilte die Beklagte daraufhin mit, da er zum 01.06.2009 in den Ruhestand versetzt worden sei und zu diesem Zeitpunkt die Versicherungsdauer der Berufsunfähigkeitsversicherung endete, seien Leistungen nach § 2 Abs. 10 BBUZ nicht fällig geworden.

Der Debeka sicherte lediglich zu, einen Leistungsanspruch nach § 2 Abs. 1 BBUZ weiter zu prüfen. Auch nachdem Rechtsanwalt Dr. Büchner die Debeka darauf hinwies, dass es für die Entstehung des Leistungsanspruchs wegen Dienstunfähigkeit maßgeblich auf das Datum des Bescheids (26.05.2009) über die Versetzung in den Ruhestand ankomme, blieb diese bei ihrer Auffassung was die Fälligkeit der Leistungen nach § 2 Abs. 10 BBUZ betrifft und forderte hinsichtlich der Prüfung eines Leistungsanspruchs nach § 2 Abs. 1 BBUZ von dem Kläger weitere Unterlagen an. In der Folge wurden der Debeka eine Vielzahl von ärztlichen Attesten zur Verfügung gestellt, welche die Erkrankung und die daraus resultierende Berufsunfähigkeit des Mandanten nachwiesen. Diese beauftragte daraufhin einen Privatgutachter, welcher in seinem Gutachten vom 31.01.2011 zu dem Ergebnis, dass unser Mandant an einer Multiplen Sklerose mit schubförmiger Verlaufsform leidet, die zu Gefühlsstörungen im rechten Fuß sowie der linken Hand und dem linken Unterarm, zu vermehrtem Harn- und Stuhldrang, zu Sehstörungen und zu einer vermehrten Erschöpfung (Fatigue) führt. Der Gutachter war jedoch der Meinung, dass eine ergänzende neuropsychologische Untersuchung notwendig sei. Eine derartige Untersuchung wurde von dem Kläger jedoch abgelehnt, weil er sich nach § 4 Abs. 2 BBUZ lediglich vom Versicherer angeordneten ärztlichen, nicht jedoch psychologischen Untersuchungen stellen muss und eine psychologische Untersuchung zudem auch nicht erforderlich ist, um das Ausmaß der Leistungseinschränkungen des Klägers aufgrund der Multiplen Sklerose zu bestimmen. Daraufhin erklärte die Debeka mit Schreiben vom 18.02.2011, unser Mandant hätte den Nachweis seiner Berufsunfähigkeit nicht geführt, so dass sie auch keine Leistungen nach § 2 Abs. 1 BBUZ zur Verfügung stellen könne.

Die Leistungsablehnung nach § 2 Abs. 10 BBUZ und nach § 2 Abs. 1 BBUZ kann keinen Bestand haben. Der Kläger hat Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente und auf Prämienbefreiung seit dem 01.05.2009.

Die Debeka war schon nach § 2 Abs. 10 BBUZ zur Leistung verpflichtet, welcher bestimmt:

Berufsunfähigkeit liegt auch vor, wenn ein versicherter Beamter vor Erreichen der gesetzlich vorgesehenen Altersgrenze infolge seines Gesundheitszustandes wegen Dienstunfähigkeit aufgrund eines amtsärztlichen Zeugnisses entlassen oder in den Ruhestand versetzt wird.

Diese Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit lagen hier vor, denn der Kläger war als versicherter Beamter vor dem Erreichen der gesetzlich vorgesehenen Altersgrenze infolge seines auf eine Multiple Sklerose zurückzuführenden Gesundheitszustandes wegen Dienstunfähigkeit aufgrund des amtsärztlichen Zeugnisses Dr. med. B. vom 23.03.2009 mit Bescheid vom 26.05.2009 und Entlassungsurkunde von 26.05.2009 in den Ruhestand versetzt worden.

Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungsvertrag hier zum 01.06.2009 endete, denn der Versicherungsfall ist noch innerhalb der Vertragslaufzeit eingetreten, alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 10 BBUZ lagen vor dem 01.06.2009 (0.00 Uhr) und damit innerhalb der Vertragslaufzeit vor. Der Kläger ist vor dem 01.06.2009 dienstunfähig geworden, das amtsärztliche Zeugnis, welches die Dienstunfähigkeit bescheinigt wurde ebenso vor dem 01.06.2009 erstellt wie der Bescheid über die Ruhestandsversetzung und die Ruhestandsversetzungsurkunde. Damit stand innerhalb der Vertragslaufzeit fest, dass der Kläger wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird.  

Der Ansicht der Debeka, auch der Beginn des Ruhestands müsse noch in die Vertragslaufzeit fallen kann nicht gefolgt werden. Diese Auslegung ist schon mit dem Wortlaut des § 2 Abs. 10 BBUZ nicht vereinbar, denn dort heißt es:

„… infolge seines Gesundheitszustandes wegen Dienstunfähigkeit aufgrund eines amtsärztlichen Zeugnisses entlassen oder in den Ruhestand versetzt wird.“

und gerade nicht:

„… infolge seines Gesundheitszustandes wegen Dienstunfähigkeit aufgrund eines amtsärztlichen Zeugnisses entlassen oder in den Ruhestand versetzt worden ist.“

Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse kann auch aus dem Sinnzusammenhang in dem die Klausel steht nicht entnehmen, dass der Beginn des Ruhestands noch in die Vertragslaufzeit fallen muss. Die Klausel will erkennbar eine amtsärztlich festgestellte Dienstunfähigkeit, die zu einer Versetzung in den Ruhestand durch den Dienstherrn führt einer Berufsunfähigkeit gleichstellen. Wenn feststeht, dass es zu einer Versetzung wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand kommt, soll dies auch eine Berufsunfähigkeit begründen. Dass der Ruhestand auch tatsächlich bereits eingetreten ist kann nicht für den Eintritt der Berufsunfähigkeit auf Tatbestandsseite, sondern allenfalls für den Beginn der Rentenzahlung auf Rechtsfolgenseite erheblich sein. Denn ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer muss zwar unter Umständen damit rechnen, dass die BU-Rentenzahlungen nicht neben der Zahlung von Dienstbezügen während des noch laufenden Dienstverhältnisses erfolgen, die BU-Rentenzahlungen mithin erst beginnen, wenn der Ruhestand eingetreten und das Dienstverhältnis aufgehoben ist. Ein Versicherungsnehmer muss aber nicht damit rechnen, dass die Berufsunfähigkeit tatbestandlich überhaupt erst dann eintritt, wenn auch der Ruhestand eingetreten ist. § 2 Abs. 10 BBUZ will den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 BBUZ erkennbar erweitern. Ein bereits eingetretener Ruhestand bzw. eine bereits vollzogene Aufhebung des Arbeits-/Dienstverhältnisses ist aber nicht einmal bei § 2 Abs. 1 BBUZ Tatbestandsvoraussetzung und kann es daher bei § 2 Abs. 10 BBUZ erst recht nicht sein.

Aber selbst wenn man der Ansicht des Debeka folgen sollte, auch der Beginn des Ruhestands müsse noch in die Vertragslaufzeit fallen, ist diese Voraussetzung hier erfüllt. Ausweislich des Ruhestandsversetzungsbescheides vom 26.05.2009 sollte der Ruhestand des Klägers mit Ablauf des Monats beginnen, in dem ihm dieser Bescheid ausgehändigt wurde.  Der Ruhestandsversetzungsbescheid vom 26.05.2009 und die Ruhestandsversetzungsurkunde vom 26.05.2009 sind dem Kläger am 28.05.2009 vom Oberregierungsrat P. ausgehändigt worden.

Wenn dem Kläger der Ruhestandsversetzungsbescheid mithin noch im Mai 2009 ausgehändigt wurde, begann auch der Ruhestand des Klägers mit dem Ablauf des Monats Mai 2009. Dies fiel noch in die Versicherungszeit, denn ausweislich des Versicherungsscheins bestand der Versicherungsschutz bis zum 01.06.2009.

Anmerkung Rechtsanwalt Dr. Büchner

Die Debeka hat alle Ansprüche unseres Mandanten – die sie im Vorfeld so vehement abgelehnt hatte - sofort anerkannt, nachdem unsere Klage am Landgericht Berlin anhängig geworden war.

Dies entspricht durchaus der Taktik, die Versicherungsunternehmen zuweilen anwenden. Denn selbst wenn man weiß, dass eine Leistungsablehnung vor Gericht nicht hält, wartet man zunächst einmal ab, ob der Versicherungsnehmer die Klage vielleicht doch nicht führt – was viele Gründe haben kann. Oft ist der Versicherte finanziell nicht dazu in der Lage, weil z.B. keine Rechtsschutzversicherung besteht; nicht selten sind Versicherte aber auch bereits durch die außerprozessuale Auseinandersetzung derart zermürbt, dass sie meinen, einen Prozess nicht mehr durchstehen zu können und dann aufstecken und auf ihre berechtigten Ansprüche verzichten.

Damit kalkulieren Versicherungsunternehmen; d.h. die BU zahlt nicht, obwohl sie selbst weiss, dass sie schlechte Chancen im Prozess hat und hofft, dass nichts passiert.  Wir raten dringend, den Versicherungsunternehmen diesen Gefallen nicht zu tun. Sicherlich gibt es Verfahren, in denen die Prozesschancen schlecht stehen und die man aus diesem Grunde besser nicht in die Klage führt. Dies ist jedoch sehr selten der Fall. Auch ist ein Prozess für den Versicherungsnehmer so aufreibend, wie man vielleicht glaubt, schließlich führt der Anwalt das Verfahren.

Wie auch immer: bevor Sie auf Ihre Ansprüche verzichten, sollten Sie sich mit uns besprechen.

Kontaktieren Sie uns und nehmen Sie unser <link kosten kostenlose-ersteinschaetzung.html internal-link internal link in current>Angebot einer kostenlosen Ersteinschätzung<link kosten kostenlose-ersteinschaetzung.html internal-link internal link in current> wahr!


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