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BSG: Schadensersatz für Personenschäden bei Streit unter Arbeitskollegen

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. April 2004 - 8 AZR 159/03 -

Das Haftungsprivileg des § 105 Abs. 1 SGB VII greift ein, wenn ein Arbeitnehmer die Arbeitsleistung seines Arbeitskollegen beanstandet und ihm dabei einen Schubs mit der Hand vor die Brust gibt. Eine betriebliche Tätigkeit liegt nämlich vor, wenn der Schädiger bei objektiver Betrachtungsweise aus seiner Sicht im Betriebsinteresse handeln durfte, sein Verhalten unter Berücksichtigung der Verkehrsüblichkeit nicht untypisch ist und keinen Exzess darstellt.

Der Kläger und der Beklagte sind als LKW-Fahrer tätig; sie sind Arbeitskollegen. Am Nachmittag des 20. Februar 2001 versetzte der Beklagte dem Kläger während der Arbeit einen Stoß vor die Brust, worauf dieser einen Schritt rückwärts machte und über die Handgriffe eines dort stehenden Schubkarrens fiel. Beim Aufprall auf den Boden stieß der Kläger mit dem Rücken auf eine Stahlschiene und verletzte sich schwer. Vorausgegangen war die Frage des Beklagten an den Kläger, warum er "jetzt erst vom Tanken" gekommen sei. Es waren Lastwagen zu be- und entladen. Die zuständige Berufsgenossenschaft zahlte ab dem 4. April 2001 Verletztengeld.

Der Kläger begehrte mit seiner Klage Schmerzensgeld, Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen seinem Nettoarbeitsentgelt und dem Verletztengeld, den Ersatz weiterer Schäden und die Feststellung, dass der Beklagte zukünftige, aus dem Vorfall vom 20. Februar 2001 herrührende Schäden ersetzen muss. Seiner Ansicht nach habe keine betriebliche Tätigkeit vorgelegen, so dass das Haftungsprivileg des § 105 Abs. 1 SGB VII nicht gelte. Der Beklagte vertrat die Auffassung, bei dem Vorfall habe es sich um eine betriebliche Tätigkeit gehandelt. Da er nicht vorsätzlich gehandelt habe, sei er zum Ersatz des Personenschadens nicht verpflichtet. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Der Senat hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Zwar sind Tätlichkeiten unter Arbeitskollegen nicht zu billigen und grundsätzlich nicht betrieblich veranlasst. Im Streitfall sind die Grenzen der betrieblichen Tätigkeit jedoch noch nicht überschritten. Die Haftung des Beklagten für die Personenschäden ist daher gem. § 105 Abs. 1 SGB VII ausgeschlossen. 

Anmerkung Rechtsanwalt Huscher:

Das Bundesarbeitsgericht stellt in seiner Entscheidung erneut klar, dass das Haftungsprivileg des § 105 Abs 1 SGB VII sehr weit zu fassen ist. Hintergrund dieser gesetzlichen Regelung ist, dass auch für verschuldete Unfälle, welche auf der Arbeitsstelle passieren, allein die gesetzliche Unfallversicherung haften soll, es sei denn, es handelt sich um eine vorsätzliche Schädigung.

Dies sah das Gericht vorliegend jedoch nicht für gegeben an, da es einen "Schubs" unter Kollegen offenbar für ein sozialadäqates Verhalten auf einer Baustelle hält. Der Kläger blieb insofern mit seinen Ansprüchen aus dem Arbeitsunfall gegen seinen Kollegen ausgeschlossen und kann sich nur an die Berufsgenossenschaft als gesetzliche Unfallversicherung wenden.

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