Newsdetail

LG Potsdam: Treuwidrige Kulanzvereinbarung steht unbefristetem Leistungsanerkenntnis gleich.

Das LG Potsdam hat mittels Urteil v. 27.09.2012 (Az.: 6 O 311/11) entschieden, dass ein Berufsunfähigkeitsversicherer, welcher seinen Versicherungsnehmer mit treuwidrigen Kulanzvereinbarungen zu benachteiligen sucht, so zu behandeln ist, als hätte er seine Leistungsverpflichtung unbefristet anerkannt.

Der Versicherer müsse seinen Versicherungsnehmer insbesondere deutlich darüber aufklären, dass er sich durch die Kulanzvereinbarung eine umfassende Erstprüfung des Versicherungsfalls vorbehält und somit diese Vereinbarung für den Kunden regelmäßig weniger wert ist, als ein bedingungsgemäßes Leistungsanerkenntnis. U.a. dies war vorliegend nicht geschehen.

Folgerichtig verurteilte das Gericht den Versicherer zur vollständigen Zahlung sowohl der bereits fälligen, als auch der zukünftigen Rentenansprüche sowie gleichfalls zur Erstattung sämtlicher Prozesskosten. Richtungsweisend ist die Entscheidung des LG Potsdam insoweit, als es entschied, dass der Versicherer sich so behandeln lassen muss, als hätte er seine Leistungspflicht unbefristet anerkannt. Daran ändere, so das LG, auch eine ausdrückliche Erklärung des Versicherers nichts, dass mit der Kulanzleistung gerade kein Leistungsanerkenntnis verbunden sein soll.

Anmerkung von Rechtsanwalt Dr. Büchner:

Suchen Sie, soweit der Versicherer seine Leistungspflicht, nach Ihrem entsprechenden Antrag, nicht uneingeschränkt anerkennen will sofort einen Fachanwalt für Versicherungsrecht auf. Er kennt regelmäßig die Tricks der Versicherungen, mit welchen diese versuchen, sich ihrer vertraglichen Leistungspflicht zu entziehen. Die Hinhaltetaktiken der Versicherer sind hier hinlänglich bekannt.

BU-Versicherer sind bei Fälligkeit dazu verpflichtet gegenüber dem Versicherungsnehmer eindeutig zu erklären, ob sie ihre Leistung anerkennen oder nicht. Individuelle Vereinbarungen (Kulanz- oder Vergleichsvereinbarung) sind nur ausnahmsweise zulässig, soweit diese auf Ergebnisse abzielen, welche den Tatsachen sowie der Rechtslage entsprechen. Sie müssen zudem auf einer eigenverantwortlichen, autonomen Entscheidung des Versicherungsnehmers beruhen. Insbesondere müssen im Zeitpunkt der Vereinbarung objektiv Unsicherheiten hinsichtlich des Vorliegens einer Berufsunfähigkeit tatsächlich bestehen, und der Versicherer muss mit der Vereinbarung seinem Versicherungsnehmer Leistungen und Hilfen zukommen lassen, welche im Vertrag eigentlich nicht vorgesehen sind.

Diese Voraussetzungen waren im vom Landgericht Potsdam entschiedenen Fall nicht erfüllt. Ein 40-jähriger Versicherungsnehmer hatte umfangreiche ärztliche Unterlagen hinsichtlich psychischer Beschwerden vorgelegt, aus denen sich seine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ohne weiteres ergab. Ein Leistungsanerkenntnis wäre daher geboten gewesen.


Seite drucken