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LG München: (Klage gegen ADAC-Schutzbrief-Versicherung) Bei behaupteter unfallfremder Mitwirkung in der privaten Unfallversicherung liegt die Beweislast allein beim Versicherer

Das Landgericht München hat in einem Klageverfahren gegen die ADAC Schutzbrief Versicherungs-AG darauf hingewiesen (Az: 12 O 14151/13), dass die Beweislast für eine Vorschädigung bei dem Unfallversicherer liegt (gerichtlicher Hinweis vom 24.07.2013).

Unser Mandant hatte innerhalb von weniger als einem Jahr, am 11.04.2007 und am 06.01.2008, zwei Unfälle erlitten, bei denen er sich jeweils vor allem Verstauchungen und Zerrungen an der Halswirbelsäule (HWS-Distorsion) zugezogen hatte.

Die ADAC Schutzbrief Versicherungs-AG beauftragte ein Privatgutachten, das aufgrund der Beschwerden an der HWS eine Invaliditätsbemessung - außerhalb der Gliedertaxe - in Höhe von 30% Beeinträchtigung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit vornahm.

Der Parteigutachter des Versicherers, Herr Dr. Markus Geyer aus Rosenheim, nahm dabei jedoch „großzügige“ Abzüge vor: Er behauptete sowohl eine vorbestehende Invalidität in Höhe von 20% und eine Mitwirkung von vorbestehender degenerativer Veränderungen in Höhe von 66 %, sodass von der zu entschädigenden Invalidität nach den Unfällen von 30 Prozent nach sämtlichen Abzügen gerade noch gut 3 Prozent übrigblieben.

Nach Widerspruch gegen einen solchen doppelten Abzug korrigierte die ADAC Schutzbrief Versicherungs-AG zunächst die Bemessung mit Rücknahme des Abzugs für einen angeblichen Vorschaden, bestand jedoch weiterhin auf den Abzügen für angebliche unfallfremde Mitwirkung.

Wir haben vorgerichtlich darauf dargelegt, dass es bei unserem Mandanten keine über das altersübliche Maß hinausgehenden degenerativen Veränderungen gegeben hat. Auch entsprechende Atteste der behandelnden Ärzte des Mandanten konnten den Versicherer jedoch nicht von seiner Auffassung abbringen. Wir haben daher Klage vor dem Landgericht München erhoben.

Das Landgericht München hat nach Klageeingang umgehend darauf hingewiesen, dass jedenfalls die Beweislast für Vorschädigungen beim Versicherer liegt, und einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, wonach die ADAC Schutzbrief Versicherungs-AG noch 16.000,00 € an den Kläger zahlen solle, bei Aufteilung der Kosten. So kam es dann auch.

 

Anmerkung Rechtsanwalt Kohn, Fachanwalt für Versicherungsrecht:

Auch in diesem Fall hatte sich der Unfallversicherer auf ein ärztliches Gutachten gestützt, um die von ihm zu zahlende Invaliditätsleistung zu kürzen.

Viele Versicherte, die Invaliditätsleistungen aus einer privaten Unfallversicherung beanspruchen, erleben bei solchen Gutachten ähnliche Überraschungen:

Sie bekommen „erklärt“, dass sie schon vor dem Unfall gesundheitlich beeinträchtigt waren – auch wenn weder ihnen selbst noch ihren behandelnden Ärzten dies aufgefallen war. Dennoch soll sich erst durch die vor dem Unfall unerkannte „Vorschädigung“ erklären, welch gravierende Folgen der Unfall nach sich gezogen hat.

Ein Versicherter sollte sich von noch so ausführlichen ärztlichen Gutachten nicht einschüchtern lassen. In der obergerichtlichen Rechtsprechung, etwa das OLG Hamm und des OLG Düsseldorf gelten die Grundsätze: Krankheiten sind regelwidrige Körperzustände, die ärztliche Behandlung erfordern, Gebrechen sind dauernde abnorme Gesundheitszustände, die eine einwandfreie Ausübung der normalen Körperfunktion nicht mehr zulassen. Selbst wenn daher degenerative Veränderungen vorliegen, welche das alterstypische Maß überschreiten, aber der ärztlichen Behandlung nicht bedurften und keine Beschwerden oder Beeinträchtigungen auslösen, sind diese daher kein Kürzungsgrund.

Selbst wenn aber ein Vorschädigung vorliegt: Der Versicherer ist hierfür nicht nur dem Grunde nach, sondern auch der Höhe nach voll beweispflichtig. Oftmals stellt sich vor Gericht heraus, dass die vom Unfallversicherer behauptete Vorschädigung weitaus geringer ist als von ihm behauptet. Zweifel an der Höhe gehen dann zu Lasten des Versicherers. Das war hier auch dem Landgericht München klar – und der ADAC Schutzbrief Versicherungs-AG, die sich nach Klageerhebung dann doch kompromissbereit gezeigt hat.

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