Newsdetail

LG Braunschweig: Nürnberger BU-Versicherung muss für die Zusicherung ihres Versicherungsvertreters bzgl. des Inhalts einer Beamtenklausel im Vertrag der Berufsunfähigkeitsversicherung haften

BU-Ablehnung durch Nürnberger Versicherung hält einmal mehr gerichtlicher Nachprüfung nicht stand!

Landgericht Braunschweig, Urteil vom 20.02.2008 (rechtskräftig)

Die Kanzlei Büchner Rechtsanwälte hat am 20.02.2008 vor dem Landgericht Braunschweig das o.g. Urteil erstritten, mit dem Ergebnis, dass der Rentenanspruch unseres Mandanten aus der Berufsunfähigkeitsversicherung mit der Nürnberger Versicherung anerkannt worden ist.

Unser Mandant hatte als Beamter im gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst einer Kreisverwaltung eine Berufsunfähigkeitsversicherung bei der Nürnberger Lebensversicherung AG genommen. Die Auswahlentscheidung zugunsten der Nürnberger ist deshalb gefallen, weil die Nürnberger zum Zeitpunkt des Abschlusses der Berufsunfähigkeitsversicherung offensiv unter der Berufsgruppe der Beamten geworben hatte und herausstrich, dass die Verträge der Nürnberger eine sog. „Beamtenklausel“ enthalten; d.h., das die Nürnberger im Fall der Versetzung des Beamten in den Ruhestand unmissverständlich und ohne weitere Prüfung leistet.

Die Nürnberger Versicherung stellte sich in ihrer Werbung als „Nürnberger Beamten Lebensversicherung für den Öffentlichen Dienst“ dar und führte den Slogan: „Dem öffentlichen Dienst verbunden“.

Unser Mandant wurde im Jahre 2006 aufgrund einer psychischen Erkrankung (burnout) wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand als Beamter versetzt und beantragte hernach Leistungen aus seiner Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, welche die Nürnberger Versicherung ihm mit dem Argument verweigerte, trotz der im Vertrag enthaltenen Beamtenklausel und der Versetzung des Mandanten in den Ruhestand dürfe man gleichwohl selbst prüfen, ob tatsächlich eine dauerhafte gesundheitliche Unfähigkeit zur Ausübung der Dienstpflichten des Beamten vorliege. Dies hätte man getan und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Ablehnung des BU-Antrages zu recht erfolgt sei.

Das Landgericht Braunschweig hat unserer Klage stattgegeben, ohne dass es im Ergebnis auf die rechtliche Qualität der von der Nürnberger Versicherung verwendeten Beamtenklausel eingehen musste. Vielmehr sah es die Tatsache aufgrund einer stattgehabten Beweisaufnahme als erwiesen an, dass es zum Zeitpunkt des Abschlusses der Versicherung im Jahr 1995 explizite Werbestrategie der Nürnberger Versicherung war, die Berufsgruppe der Beamten mit der sog. „Beamtenklausel“ zu bewerben, welche automatisch bei Versetzung in den Ruhestand eine Rente gewähren soll, ohne das weitere Voraussetzungen zu prüfen wären.

Anmerkung Dr. Büchner:

Im Ergebnis stellt das Urteil des LG Braunschweig eindeutig klar, dass sich Versicherungsgesellschaften auch in Bezug auf die Erläuterungen der sog. Beamtenklausel die Zusicherungen ihres Vertriebs zurechnen lassen müssen und dafür auch haften. Zum rechtlichen Gehalt der im vorliegenden Fall in Rede stehenden Variante einer Beamtenklausel musste sich das Gericht vorliegend nicht äußern.

Die Beamtenklausel oder auch die sog. Dienstunfähigkeitsklausel in einem Vertrag der Berufsunfähigkeitsversicherung erfüllt den Zweck, dass der Versicherte im Falle einer Versetzung in der Ruhestand automatisch auch Leistungen aus seinem privaten BU-Versicherungsvertrag erhält, ohne dass er weitere Prüfungen seines Gesundheitszustandes durch den Versicherer hinnehmen muss.

Obwohl in der juristischen Bewertung solcher Klauseln noch vieles streitig und v.a. auch von der Formulierung der jeweiligen Klausel abhängig ist, wurde die Nürnberger Versicherung vorliegend bereits für die pauschalen Zusicherungen des Vertriebsmitarbeiters „bestraft“. Mitleid mit der Versicherung dürfte jedoch fehl am Platze sein, denn es war beabsichtigt, die Beamten als Kundengruppe durch eine Leistungsgarantie bei Pensionierung zu gewinnen. Eine Zusage, die die Nürnberger dann gleichwohl nicht einlösen wollte!


Es entspricht durchaus unseren Erfahrungen, dass Vertriebsmitarbeiter von BU-Versicherungen bei Vertragsabschluss mehr versorechen, als dann im Leistungsfall gehalten wird. Zu beachten ist dabei, dass Anpreisungen der Versicherer, auch wenn Sie durch durch allgemeine Werbematerialien kommuniziert werden, durchaus von Bedeutung sind und am Ende juristische Relevanz bekommen können.


Seite drucken