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BGH: Haftungsgrundsätze im sportlichen Wettkampf (Foulspiel)

BGH, Entscheidung v. 27.10.2009

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige materielle und immaterielle Schäden in Anspruch. Er spielte Kläger als Mitglied des Fußballvereins MTV R. gegen die Mannschaft des FC E., der der Beklagte angehörte. Während des Spiels kam es zwischen den Parteien zu einem Kampf um den Ball, bei dem der Kläger eine Fraktur des Schien- und Wadenbeins erlitt.

Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe ihn von hinten mit gestrecktem Bein angegriffen, nachdem er den Ball schon abgespielt habe. Der Beklagte hat behauptet, dass beide Parteien nach dem Ball gelaufen seien. Er habe den Ball zuerst erreicht. Der Kläger habe sein Bein nach dem Ball ausgestreckt und dadurch den Lauf des Beklagten gestört. Bei dieser Aktion seien beide Parteien zu Fall gekommen.

Das Berufungsgericht hatte eine Haftung des Beklagten für die Unfallschäden des Klägers verneint, da ein Schadensersatzanspruch eines Teilnehmers an einem sportlichen Kampfspiel gegen einen Mitspieler den Nachweis voraussetzt, dass dieser sich nicht regelgerecht verhalten habe. Verletzungen, die auch bei regelgerechtem Verhalten auftreten könnten, nehme jeder Spielteilnehmer in Kauf, weshalb es jedenfalls gegen das Verbot des treuwidrigen Selbstwiderspruchs verstoße, wenn der Geschädigte den beklagten Schädiger in Anspruch nehme, obwohl er ebenso gut in die Lage habe kommen können, in der sich nun der Beklagte befinde, sich dann aber (und mit Recht) dagegen gewehrt haben würde, diesem trotz Einhaltens der Spielregeln Ersatz leisten zu müssen. Der Kläger habe den Beweis für einen Regelverstoß von einiger Erheblichkeit nicht geführt.

Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung des OLG Celle

Die Angaben des vom Kläger benannten Zeugen O. seien nicht glaubhafter als die der anderen Zeugen. Auf die Frage, ob der Beklagte haftpflichtversichert sei, komme es nicht an. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wonach eine Haftungsfreistellung bei sportlichen Wettbewerben mit nicht unerheblichem Gefahrenpotential nicht anzunehmen sei, soweit Versicherungsschutz bestehe (vgl. Senatsurteil vom 29. Januar 2008), sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Diese Entscheidung beziehe sich auf einen Schaden bei einer motorsportlichen Veranstaltung, bei der alle Teilnehmer pflichtversichert gewesen seien. Eine Ausdehnung der in diesem Urteil aufgestellten Grundsätze auf private Haftpflichtversicherungen sei dagegen abzulehnen. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Teilnehmer eines sportlichen Wettbewerbs dem anderen gegenüber hafte, wäre nämlich sonst unterschiedlich je nach beteiligtem Spieler danach zu beantworten, ob eine Haftpflichtversicherung bestehe oder nicht.

Im Rahmen der Beweiswürdigung komme besondere Bedeutung der Aussage des Schiedsrichters K. zu. Dieser habe die Behauptung des Klägers, er habe sich die rote Karte gespart, weil das Spiel sowieso abgebrochen worden sei, gerade nicht bestätigt, sondern angegeben, dass beide Spieler fair eingestiegen seien. Der Beklagte sei nicht gegrätscht, sonst hätte er ein Foul gepfiffen. Gleichwohl seien beide zu Fall gekommen. Wie das genau geschehen sei, wisse er nicht. Im Spielbericht habe er auch nur angegeben, dass die Spieler bei einem Zweikampf zu Fall gekommen seien.

Anmerkung Rechtsanwalt Dr. Büchner, Fachanwalt für Versicherungs- und Medizinrecht:

Mit der vorgestellten Entscheidung bestätigt der BGH seine über Jahrzehnte bekannte Rechtsprechung zur Frage der Haftung für Verletzungen während eines sportlichen Wettkampfes. Diese setzt den eindeutigen Nachweis voraus, dass der Schädiger schuldhaft gegen die Regeln des sportlichen Wettkampfes verstoßen hat. Dieser Nachweis konnte vorliegend nicht geführt werden. Wie gesehen hatte der BGH dabei einmal mehr der Aussage des Schiedsrichters die entscheidende Bedeutung beigemessen.


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